Über die Befreiung aus dem selbstgebauten Gefängnis

Frühstückstreffen für Frauen zum Thema "Das verzeih ich dir nie"

"Loslassen bedeutet Freiheit" veranschaulichte die Referentin Elke Simon am Beispiel des Einfangens eines Affens. (Fotos: M. Zimmermann)

Das zehnköpfige überkonfessionelle Organisationsteam hatte wieder einmal mit einem geradezu alltäglichen Thema zu seinem Frühjahrestermin eingeladen. Natürlich gab es auch diesmal für die etwa 300 Besucherinnen in der Wandelhalle ein reichhaltiges und leckeres Frühstücksbüfett.
Wie geht man mit traumatischen Erlebnissen, Kränkungen und seelischen Verletzungen um, damit sie nicht zu einer lebenslangen Belastung werden? Die Referentin Elke Simon verstand es an diesem Samstagmorgen in der Wandelhalle, auch die noch aktuellen, erschütternden Geschehnisse in Hanau und Volkmarsen als Beleg dafür anzuführen, dass die Antwort auf diese Frage für jeden und jede wichtig werden könne.
Sinnbildlich demonstrierte auf der Bühne ein Bauzaun, wie Menschen nach solchen Erfahrungen andere ausgrenzen, sie meiden und nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Das sei etwa bei Ehescheidungen gut zu beobachten, wenn die jeweiligen Freundeskreise auseinanderbrechen. „Mit dem Satz ,Das verzeih ich dir nie‘ verurteilen wir uns selbst zu einem Gefängnis, aus dem wir uns nicht befreien können“, stellte Frau Simon fest.

Da drohe eine sich selbst verstärkende Verbitterungsschleife, die allerdings durch Verzeihen bzw. Vergebung vermieden werden könne, weil der Verzeihende nicht zulasse, dass ein anderer das eigene Leben beeinflusse. Andernfalls entstehe leicht eine posttraumatische Verbitterungsstörung, da die Konzentration auf Negatives im Leben sogar organische Krankheiten verursachen könne.
Nach Diskussionen an den Tischen über die Frage, was denn Vergebung bedeuten könne, widerlegte die geprüfte psychologische Beraterin der Reihe nach die vermuteten Antworten und riet – nach Beispielen aus dem Alten und Neuen Testament – den Zuhörerinnen: „Verzichten Sie auf Bestrafung, bitten Sie Gott, dass er vergibt.“ Letztlich entscheide nur das Opfer, ob die Verletzung vergeben werden könne. Dann werde der Verletzung ihre zerstörerische Macht genommen.

Vergebung nütze dem, der es tue, egal was der andere davon habe. Sie sei aber ein schwieriger Prozess, bei dem es auch Rückschritte, aber keine Abkürzung gebe. Sicher sei jedoch: „Solange ich an meinem Recht festhalte, komme ich aus meinem Gefängnis nicht frei“, stellte Frau Simon abschließend fest und bekam anhaltenden Applaus.

Jedes mal dankbaren Applaus erhielten auch Annett Vestweber-Kaczorowski (Violine) und Theo Vestweber (Klavier) nach ihrem Vortrag von drei Musikstücken, mit denen sie den Vormittag umrahmten und bereicherten.
Das nächste Frühstückstreffen am 10. Oktober hat das Thema „Bis hierhin oder weiter“.

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