Wildunger Stadtverordnetenversammlung: Einzelhandelsentwicklung – Fortschritt oder Rückschritt?

Modehäuser nur in der Innenstadt oder auch an der Itzel? Foto: MART PRODUCTION

von Wolfgang Nawrotzki

Es waren in der Vergangenheit erbitterte Schlachten, wenn es darum ging, wo in der Stadt die Einzelhandelsentwicklung gefördert und wo sie reguliert werden sollte.

Im Kern ging es besonders um die Innenstadtentwicklung. Mit Hilfe von Bebauungsplänen sollte der Einzelhandel besonders in der Innenstadt geschützt und Raum für weitere Entwicklung geschaffen werden. Dagegen sollten Standorte außerhalb der Innenstadt, z.B. im Bereich der Itzelstraße und des Bahnhofs, keine ausgesprochenen Einzelhandelsstandort sein. Ziel war es, den langsamen Niedergang der Innenstadt von Bad Wildungen aufzuhalten und den Einzelhandel als Frequenzbringer für eine Nutzungsmix aus Geschäften, Gastronomie, Kultur, Wohnen, Tourismus, etc. zu erhalten.

Dabei bedient sich die Stadtentwicklungspolitik einer einfachen Maßnahme. Rechtlich verbindlich wird der Grundsatz festgeschrieben: Warengruppen, die in der Innenstadt bereits vorhanden sind, dürfen in den Außenstandorten nicht angeboten werden. Sie sind innenstadtschädlich. Dies gilt z.B. in Bad Wildungen für Textilien. Da es Bekleidungsgeschäfte in der Innenstadt gibt, dürfen z.B. Modehäuser an der Itzel nicht errichtet werden. Warengruppen, die es in der Innenstadt nicht gibt, z.B. Möbel, dürfen an der Itzel, im Bahnhofsbereich oder sonst in der Stadt errichtet werden. Damit Entscheidungen besser handhabbar werden, werden durch Gutachter, die die Stadt untersuchen, Warengruppen festgelegt, die innenstadtunschädlich und innenstadtschädlich sind. Bei Baugenehmigungen muss sich die Verwaltung dann an diese Listen halten.

So entstand auch die sogenannte „Wildunger Liste“ mit den innenstadtschädlichen Warengruppen.

In der letzten Stadtverordnetenversammlung stellte nun die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Antrag, diese Wildunger Liste mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Bei acht Nein-Stimmen aus der SPD-Fraktion und bei einer Enthaltung stimmte die Stadtverordnetenversammlung diesem Beschluss zu. Auch Bürgermeister Gutheil ließ in seiner Stellungnahme deutliche Skepsis über die Sinnhaftigkeit dieses Antrages erkennen. Er wies auf problematische Entwicklungen in Homberg und Frankenberg hin.

Kommentar:

Dieser Antrag, so er denn umgesetzt werden kann, ist für die Stadtentwicklung in hohem Maße gefährlich. Die zustimmenden Fraktionen B90/Grüne, CDU, FDP und FW zeigen ein erschreckendes Maß an Unkenntnis der rechtlichen und strukturpolitischen Zusammenhänge im Rahmen einer geordneten Einzelhandelspolitik. Spätestens bei der jetzt nötigen Neuaufstellung des Bebauungsplans für die Itzel wird dieser Beschluss den antragstellenden Fraktionen um die Ohren fliegen. Die Aufsichtsbehörden werden nicht tatenlos zusehen, wie ein Ausbluten der Innenstadt zugunsten eines nicht integrierten peripheren Standortes mutwillig herbeigeführt wird.

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