In Sachen Kurhaus und Stadtentwicklung – ein Leserbrief

Foto: w-d-Archiv

Ich war in der Wandelhalle zur Eröffnung der Ausstellung „101 Häuser, die es nicht mehr gibt“. Anschaulich und ausdrucksstark wird dort in Fotos und z.T. sogar in Modellen zum Verlieben unwiederbringlich verlorene Kurstadt-Architektur dargestellt, die in den 60er, 70er Jahren einer vermeintlich fortschrittlichen Moderne weichen mußte. Damals war wohl das Bewusstsein für den Erhalt einer typisierenden Ortscharakteristik, im Falle Bad Wildungens eines kuratmosphärischen Ambientes (was man heute Alleinstellungsmerkmal nennt), noch nicht so ausgeprägt. Umso mehr trifft die Ausstellung unseren derzeitigen „Nerv“, positioniert auf Kurhaus, Haus Oestreich, Parkhöhe. Insofern noch deutlicher fiel mir auf, dass von den Entscheidungsfindern und -trägern entsprechender Weisungen lediglich 2,5 Stadtverordnete zugegen waren, – 0,5 deswegen, weil der/diejenige bei einer Einlassung zur aktuellen Kurhausdebatte den Raum verließ.
Wenn Bad Wildungen sich, bisher beinahe ausschließlich auf seine „weiße Industrie“ gestützt, für eine tragfähige Zukunft als erstrangiger Gesundheitsstandort aufstellen will, kann es sich eine weitere Bausünde (Fürstengalerie) im sensiblen Zentrum des Kurareals mit Brunnenallee, Hufeland- und Bornstraße, Kurpark nicht leisten, und das wäre die kurfremde Kompaktbebauung des letzten Filetstücks der Stadt mit Großhotel und sogenannten Stadtvillen. Sicher ist mit dem Erhalt des Kurhauses samt Entwicklungskonzept eine erhebliche Investition verbunden, die schließlich auch andere Städte unter Aufgabe eines kurzfristig gedachten Sparzwanges bewältigt haben.
Aber nicht die derzeit hier tätigen Ärzte werden den Profit ernten, wie man schon hören konnte, sondern die junge und die kommende Generation des Standortes Kur und Gesundheit Bad Wildungen, das von seiner einzigartigen landschaftlichen Lage, seiner immer noch beachtlichen Jugendstil- und Gründerzeitarchitektur und seinem traditionell nachhaltigen medizinischen Ruf die besten Voraussetzungen bietet, diese aber nicht einmotten darf. Das zu erfassen in einer Zeit, in der über Digitalisierung der Produktionsprozesse und steigenden Anforderungen durch eine hochkonzentrierte, leistungsfordernde Arbeitswelt der Faktor Gesundheit und Erholung sich immer stärker hautnah entwickelt, das wünsche ich jedem kommunal-politisch interessierten, der langjährigen fruchtlosen Debatte überdrüssigen Wildunger Bürger.

Mechthild Hessbrüggen, Bad Wildungen

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