Heloponte II wird als Bad der Grundversorgung gerechnet: Stadtverordnetenversammlung vor einer neuen Sackgasse?

Foto: w-d/Archiv

In einer turbulenten und ausführlichen Diskussion befassten sich die Stadtverordneten am vorigen Montag mit der weiteren Vorgehensweise beim beabsichtigten Neubau des Heloponte.

Nach dem Stopp der Planungen für eine große Lösung hatten die Stadtparlamentarier den Magistrat beauftragt, eine Kostenermittlung und ein Bewirtschaftungskonzept für die bisher verworfene Planungsvariante 1 vorzulegen (kleine Lösung).

Dieses Konzept sieht nur ein 25-Meter-Sportschwimmbecken, ein Lehrschwimmbecken, einen kleinen Eltern-Kind-Bereich und eine Textilsauna sowie eine Freiluftangebot ohne Freibad vor.

Der Magistrat schlug nun eine Variante 1b vor, in der gleichen Gebäudeform wie in der großen Lösung. Dies lässt die Möglichkeit offen, später – wenn gewünscht – jetzt weggefallene Bestandteile in Modulbauweise noch zu ergänzen. Damit würden die neuen Planungskosten von 222.000 Euro auf 92.000 Euro verringert. Der Magistrat, vertreten duch Bürgermeister Gutheil, schlug nun vor, diese Planungskosten zu bewilligen und entsprechende Aufträge zu vergeben.

Nach einer ausführlichen Diskussion, die mit sehr unterschiedlichen Positionen geführt wurde, stimmten die Stadtverordneten mit 24 Ja, 2 Nein und 4 Enthaltungen. So werden nun die neuen Baukosten und das zu erwartende Defizit berechnet. Die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.

Auch ein Zusatzantrag der CDU fand Zustimmung: Danach soll auch untersucht werden, ob bei Wegfall der Außenanlagen und der Textilsauna doch ein verkleinertes Freibad gebaut werden könnte. Auf Antrag der SPD wurde beschlossen, dass nach Vorliegen des noch ausstehenden Betongutachtens die schnellstmögliche Beauftragung des Abrisses in die Wege geleitet werden soll. Dies nur, wenn das Betongutachten ergibt, dass eine Sanierung nicht wirtschaftlich darzustellen ist.

Die Versuche von Freien Wählern und dem Abgeordneten Daniele Saracino eben diese Sanierung im Bestand noch im Spiel zu halten, fanden mit großer Mehrheit keine Zustimmung.

Kommentar:

Man konnte am letzten Montag den Eindruck gewinnen, dass die Nerven blank lagen. Es wurde kräftig „geholzt“ und die bekannten Akteure gingen mit offenem Visier aufeinander los. Mitunter sah es nach leichter Panik aus, etwa wenn Walter Mombrei (SPD) verlauten ließ, dass man dem Beschluss zustimme, „weil wir dann möglichst schnell ein neues Bad haben werden“. Oder wenn CDU-Fraktionschef Marc Vaupel feststellt, „die CDU will ein Bad der Daseinsvorsorge und sonst nichts, eventuell mit einem 25 Meter Freibad“.

Nicht ganz ausgeschlossen werden kann, dass hier einige wesentliche Aspekte vernachlässigt werden und erneut Probleme entstehen.

Denkbar ist folgendes Szenario:

Die in Rede stehende Variante 1 wird im November 2019 von Constrata mit Baukosten von 14 Mio. Euro beziffert. Zwischenzeitlich sind fast vier Jahre vergangen mit Baukostenexplosion. Hinter vorgehaltener Hand hört man aus Politik und Verwaltung, dass Variante 1b jetzt wohl zwischen 20 und 25 Mio. Euro kosten wird.

Profund hat für die Basisvariante 1 eine Besucherzahl von 77 400 (einschl. Schule und Vereine, die praktisch nicht erlöswirksam sind) ermittelt. Zahlende Gäste 64.400 (!). Das zu erwartende haushaltswirksame Defizit wird mit 1,6 Mio. Euro veranschlagt.

Es scheint im Moment Konsens in der Stadtverordnetenversammlung zu sein, dass man ein Defizit von maximal 2 Mio. Euro im Jahr tolerieren würde.

Was wäre eigentlich, wenn die Ergebnisrechnung für Variante 1b im Herbst ergibt, dass das Defizit deutlich über 2. Mio Euro jährlich liegt (und manches spricht dafür!)? Wird das dann durchgewunken?

Nehmen wir in der Variante 1b mal großzügig 70.000 zahlende Gäste (siehe oben) an und legen die (wenig angenommenen) 2 Mio. Verlust um, so legt der Bad Wildunger Steuerzahler bei jeder verkauften Eintrittskarte 28,50 Euro drauf. Man könnte die Überlegung noch weiter treiben: Ein nicht unerheblicher Teil der zu erwartenden Heloponte-Gäste kommt aus dem Umland und damit aus anderen Gemeinden. Für diese zahlen die Wildunger das Defizit mit.

Fazit: Vielleicht ist ein Bad der Grundversorgung doch nicht der Stein des Weisen!

Hat Ihnen unser Artikel gefallen?

3 Kommentare

  1. Toller Artikel von Herrn Nawrotzki und auch toller Kommentar von Herrn Bock.

    Nur zur Ergänzung ein paar Aspekte, die für eine größere Lösung sprechen:
    – Bad Füssing und Bad Kissingen als Kur/Badestädte mit größerer bzw. ungefähr gleicher Gästezahl haben mindestens eine Therme (Bad Füssing sogar drei!);
    – Nachdem Bad Emstal zu gemacht hat, gibt es in der Region bis Kassel keine Therme mehr, von der im Hotelbetrieb eingebunde „Quellen-Therme“ in Reinhardshausen mal abgesehen;
    – Eine große Therme ließe sich eventuell in das Tourismus-Konzept des Nationalparks Edersee mit einbinden. Ich könnte mir vorstellen, dass manche Besucher dem Edersee eine warme und interessant gestaltete Therme bevorzugen würden;
    – die A49 wird bald fertig, sodass sich der Verkehr auf dieser vervielfachen wird (2x, 5x, 10X?). Obwohl dort schon ein Hinweisschild für Bad Wildungen steht, könnte man ebenso die Therme darin werben. So steht auf der A7 bei Bad Windsheim ein solches Hinweisschild für die Franken-Therme;
    – die Finanzierung kann und sollte auch nicht die Stadt allein aufbringen. Mögliche Beteiligten, die z.T. schon angesprochen wurden: Nachbargemeinden, Land, Bund aber vielleicht auch Klinik und/oder Hoteleigentümer. Insbesondere sollten Wicker und Göbel als wichtige Wildunger Investoren mit eingebunden werden, da sie auch die nächstliegenden „Thermen“ (Reinhardshausen, Kassel) betreiben.

    Noch ein abschließender Kommentar zur Preisgestaltung. Ich habe in den letzten Jahren in einigen Ecken Deutschlands öffentliche Schwimmbäder besucht. Ganz rational gesehen war das Preis/Leistungsverhältnis von all denen beim Heloponte am besten. Zur Leistung gehörten für mich dabei insbesondere die Ausstattung (Anzahl/Größe der Becken, Rutsche etc.) und die Temperatur im Hallenbad. Dass sich daraus ein starkes Defizit ergab, war für mich nicht wirklich überraschend.

  2. Maritime Freizeitanlagen könnten nicht kostendeckend betrieben werden – dies ist nachweislich eine Mär!

  3. Ein jährliches Defizit von 2 Mio. Euro (€) ergibt eine Kapitalsumme (bei 6 %) von ~ 33 Mio. €.

    Wenn eine stimmige, eine hochattraktive maritime Freizeitanlage, die fast ohne Defizit betrieben werden kann, gebaut würde, könnten allein für das jährliche Defizit, eine Bausumme von 33 Mio. € finanziert werden.

    Der Kapitaldienst (für die Baukosten) ist doch nur ein Posten der jährlichen Gesamtkosten.

    Personalkosten, Wartungs- und Instandhaltungskosten, Energiekosten, um hier nur Einige zu nennen, können von einer klugen und innovativen Planung und Bauweise massiv beeinflusst werden – somit die Kosten in Grenzen halten.

    Was die Einnahmen, somit auch das Defizit, jedoch am meisten beeinflusst, sind selbstverständlich die Besucherzahlen.

    Rentner, Pensionäre und Ruheständler aus der Region, Besucher und Gäste die hier in der Region ihren Urlaub verbringen, sie bringen Zeit und das für die Betriebskosten notwendige Geld mit.

    Die Variante 1b jedoch spricht diese Zielgruppen in keinster Weise an – angesichts fehlender Attraktivität – ein Bad ohne Anreize.

    Das heißt, dass das Szenario was hier Wolfgang Nawrotzki aufführt: das sich das Defizit rasant erhöhen könnte, wird mit der Variante 1b höchstwahrscheinlich Realität werden.

    Fazit: Nicht die von den Baukosten günstigste Variante sollte man realisieren, nein, eine hoch attraktive, die eine breite Besucher und Gästeschicht anspricht, eine technisch hoch innovative Variante, die wenige Betriebskosten, viele potenzielle Besucher und Gäste anspricht, die allen Anforderungen und Vorstellungen an eine im Gesundheits-, Wellness- und Erlebnistourismus tonangebende Stadtentwicklung – ja, die den in vielen Gutachten formulierten Zielvorstellungen entspricht, sollte realisiert werden.

    Dies wäre meiner Meinung nach wirtschaftlich zu verantworten.

    Eine Zeitlang kein Schwimmbad, dies ist meiner Meinung nach die bessere Lösung als ein Schwimmbad mit einem explodierenden Defizit – weil die zahlenden Gäste und Besucher ausbleiben.

    Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir:

    Neues „Heloponte“ schließt nach 3 Jahren, wegen mangelnder Nachfrage, seine Türen.

    Mit der Begründung: Das im nächsten Jahr zu erwartende Defizit steht, zu den zu erwartenden Besucherzahlen, in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis. Die Bürgerinnen und Bürgern haben vermeintlich kein Interesse mehr an ein Schwimmbad in Bad Wildungen.
    Damit diese Schlagzeile niemals zur Realität wird, sollte ein neuer Findungsprozess in Gang gebracht werden.

    Ein Jahr mehr ohne Schwimmbad, dies wäre das kleinere Übel gegenüber einem Schwimmbad, wo das Defizit von Jahr zu Jahr größer wird und das Bad letzten Endes geschlossen werden muss.

    Hierüber nachzudenken, da stimme ich Wolfgang Nawrotzki zu: „Vielleicht ist ein Bad der Grundversorgung doch nicht der Stein des Weisen!“

Kommentare sind deaktiviert.