Weihnachtsrätsel

Kriegen Sie alle raus? Ganz oben fehlt nur Heiligabend. (Grafik: pinterest.de)

Haben Sie auch etwas bemerkt? Laut jüngster Pressemeldung zum Mitgliederbestand der beiden großen christlichen Konfessionen ist nicht einmal mehr die Hälfte der Deutschen in der Kirche. Und was können wir sehen und hören? Weihnachtsmärkte, Weihnachtslieder, Weihnachtsbäume, rote Weihnachtsmann-Mützen auf den Köpfen von Verkäuferinnen und Verkäufern, von denen man samstags einen schönen zweiten, dritten oder vierten Advent gewünscht bekommt, wenn sie den Kassenbon abreißen. Bekannte verabschieden sich schon mal mit „Frohes Fest!“

Zuvor aber wurden gerne Infos ausgetauscht, ob denn schon alle Geschenke… wenn ja: vielleicht auch welche? Gegen Ratlosigkeit hilft ja auch gerne die Werbung in Radio, TV und so mache Reklamebroschüre aus dem Briefkasten.

Überhaupt: wieso eigentlich Geschenke? Ach ja! Gott hat ja den Menschen Jesus als Erlöser geschenkt, lautet die allgemeine christliche Botschaft. In Nachahmung dieser den Menschen zugewandten Geste wurden noch im vorigen Jahrhundert zunächst den Kindern am Vorabend des ersten Weihnachtstages kleine Geschenke „beschert“. Diese Bescherung wurde natürlich von der Geschäftswelt gerne und sehr erfolgreich genutzt. Folglich wurde auch selbstverständlich für Geschenke für Erwachsene geworben…

Jetzt haben wir die Bescherung: Nicht mehr das Christkind sondern der vom Nikolaus zum Weihnachtsmann Mutierte mit der roten Zipfelmütze bringt am Heiligabend die Geschenke. Selbst wenn sich Erwachsene zuvor ausgemacht hatten, nur für die Kinder etwas vorzubereiten und sich einer wirklich daran gehalten hat, dann haben sich doch der eine oder die andere darüber hinweg gesetzt. Peinlich.

Um diese unangenehme Situation zu vermeiden scheinen alle mitzumachen, werden wieder die Einkaufskörbe bis zum Rand gefüllt und die Onlineversand-Angebote strapaziert. So können die entsprechenden Einzelhändler wenigstens ihren angestrebten Jahres-Umsatz erreichen. Man will ja zeigen, dass man sich etwas leisten kann. Trotz Klimakrise und Inflation. Egal ob mit oder ohne Mitgliedschaft in einer Kirche. Für die weihnachtliche Stimmung kann ein Gang in den Gottesdienst an Heiligabend nicht schaden. Und zur anschließenden Bescherung können wir auch ne DC mit Weihnachtsliedern auflegen.

Wo bleibt dann die biblische Botschaft „Frieden auf Erden“? Kommt bestenfalls mit dem Papier-Verpackungsmüll in die blaue Tonne. Nur blau. Nicht blau-gelb! Frohes Fest!

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1 Kommentar

  1. Du meine Güte, dieser Artikel trieft ja geradezu vor Frust. Dann mache ich mal mit, setze aber an einer anderen Ecke an:

    Wie wäre es denn mal mit einer Analyse, warum den Kirchen die Mitglieder in Scharen davonrennen? Es ist ähnlich wie mit der Politik: Wenn man sich weder angenommen noch aufgehoben und aufgefangen fühlt, schwindet das Vertrauen. Und irgendwann ist es weg.

    Die Kirchen haben bei der Ausgrenzung von Ungeimpften ganz vorn mitgemacht. In vorauseilendem Gehorsam und so hündisch ergeben wie im dritten Reich. Die Kirche macht an allen Ecken und Kanten Politik, anstatt sich um das Wohl ihrer Mitglieder zu kümmern. Was nutzt ein „Seelsorger“, wenn er aus Sparsamkeitsgründen immer mehr Gemeinden betreuen muss, dabei von Termin zu Termin hetzt und seine Berufung irgendwann nur noch zu einem echten Scheißjob wird?
    Wie vermittelt man die ständige Aufforderung zu Spenden, wenn die Kirchen reichlich Geld und Grundbesitz haben?
    Wie sieht es mit den mittelalterlichen Rollenbildern der katholischen Kirche aus? Und was ist mit den vertuschten Missbrauchsfällen?
    Bei all diesen Fragen und Problemen werden die Gläubigen allein gelassen. Das Vertrauen schwindet und damit auch die Bereitschaft, sich noch in irgendeiner Weise aktiv in die Gemeinde einzubringen. Letztendlich kann man auch ein guter Christ oder gar „nur“ ein guter Mensch sein, wenn man nicht Mitglied einer Kirche ist.
    Solange sich die Kirchen nicht mehr auf ihre Kernaufgaben besinnen, wird es da auch kein Umdenken geben. Das Modell „Firma Kirche“ hat ausgedient. Die Menschen suchen durchaus Trost und Halt, aber nur da, wo sie das auch bekommen.
    Wo der Glaube schwindet, da nimmt etwas Anderes diesen Platz ein. Und das ist hier eben die Kompensation mit Remmidemmi und Geschenken. Irgendwie muss man ja diese innere Sehnsucht und Leere füllen, oder?

    Trotzdem (oder vor allem deshalb) wünsche ich allen frohe und vor allem besinnliche Feiertage.

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