Pilgern auf den Jakobswegen nach Santiago de Compostela ist zur Zeit in, insbesondere nahm der Trend durch Hape Kerkelings Buch »Ich bin dann mal weg…« große Fahrt auf.
Ein Pilger war damals im Mittelalter ein Wanderer, der in die Fremde zog (von lateinisch peregrinus oder peregrinari, „in der Fremde sein“). Er tat dies aus Glaubensgründen, entweder um Abbitte zu leisten, eine auferlegte Buße zu tilgen, oder ein Gelübde zu erfüllen. Heute pilgert man aus anderen Gründen, vielleicht um innere Einkehr zu finden, und/oder sich von der Medienflut, die die heutige Gesellschaft überschwemmt, eine Zeit lang zu distanzieren, oder, ich will es nicht ausschließen, auch aus Glaubensgründen.
Der Pilgerpfad der Waldecker
Für die mittelalterlichen Pilger war zunächst das Kreuz Christi in Jerusalem das einzige Pilgerziel. Später kam Rom hinzu, da sowohl Paulus als auch Petrus hier ihre Leben ließen. Erst nach dem Sturz des Kalifen von Cordoba wurde die Kathedrale von Santiago de Compostela für Christen wieder zugänglich, und so begann die Pilgergeschichte zum Grabe Jakobus des Älteren, einem direkten Apostel Jesu Christi. Auch heute noch ist die Stadt im spanischen Galizien das attraktive Ziel für Pilger, und so wandern wir heute auf den Jakobswegen, die es in Deutschland zuhauf gibt.
Doch wo begann ein waldeckischer Pilger seinen langen Marsch nach Spanien? Er oder sie nutzte die alte Handelsstraße Leipzig-Köln, die direkt durch Bad Wildungen führte! Der Verlauf der einst wichtigen Route durch das Waldeckische deckt sich weitestgehend mit der B253. Damit teilt sie das Schicksal vieler mittelalterlicher Wege, doch es ist trotzdem möglich, heute als Pilger oder Pilgerin den Streckenverlauf zu folgen, ohne allzu sehr vom Autolärm abgelenkt zu werden.
Mögliche Wegführung eines Jakobsweges durch Bad Wildungen:
Wir starten in Felsberg, wo sich bereits der Jakobsweg Eisenach-Marburg befindet, der in etwa deckungsgleich die Wegstrecke der mittelalterlichen Straße »lange Hessen« teilt. Ausgangspunkt für unseren Weg ist die Stadtkirche. Von dort nehmen wir den hessischen Hauptwanderweg X8. Dabei passieren wir die Jakobskapelle und das ehemalige Hospital »St. Jakob«, Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Der X8 folgt in etwa der ehemaligen Sälzerstraße, die auch heute noch so genannt wird. So gelangen wir nach Fritzlar mit seinem Dom. Weiter geht es auf dem X8 entlang eines Kreuzwegs hinauf auf den Büraberg samt Kapelle. Der Weg wird zu einem Höhenzug zwischen dem Eder- und dem Schwalmtal. Es ist durchaus denkbar, das der alte Weg denselben Verlauf nahm, da die Flussauen für Wagengespanne oft durch Feuchtigkeit unpassierbar waren. Auf der Höhe, nähe Wenzigerode, geht es hinab nach Bad Wildungen. Wir passieren den Galgenberg, nehmen den Fronhäuser Weg und die Schlachthofstraße bis zum Kreisel beim Bahnhof. Nun nutzen wir den Fahrradweg durch die Schrebergärten an der Itzelstraße.
Im Mittelalter befand sich hier am Wäschebach das Gerberviertel. Der Weg führt uns hinauf zur Stadtkirche und Marktplatz. Da Wildungen im Mittelalter ein beliebter Umschlagplatz für Waren aller Art war, gastierte der ein oder andere Händler wohl in diesem beschaulichen Ort. Der Pilger, die Pilgerin, reiste jedoch weiter, die Brunnenstraße und die Brunnenallee hinauf zur Reinhardshöhe, wo unser Weg zu einem echten Höhenweg durch den Kellerwald wird. Ab dem Brauhaus nutzen wir den Regionalwanderweg W9, da dieser parallel zur Frankenberger Straße verläuft. Der W9 bringt uns an die Straße nach Odershausen. Diese überqueren wir, und pilgern linker Hand zur Frankenberger Straße weiter über Feldwege bis zum Parkplatz »Zum Wölftegrund«. Von dort aus gelangen wir auf einen geteerten Fahrradweg parallel zur B253 nach Hundsdorf.
Wir pilgern weiter durch den Ortskern, an Hundsdorfs Kirche vorbei, bis zum Hundsdorfer Holzbau. Wir biegen kurz vor der Holzfabrik rechts ein, um gleich wieder links, parallel zur Bundesstraße, einem Feld- und Waldweg zu folgen. Auf der anderen Seite der B253 befindet sich eine Wiese mit der Flurbezeichnung Ritterwiese. Ich konnte nicht ermitteln woher der Name stammt. Laut dem Buch »Bad Wildungen, die Geschichte von Stadt und Bad«, herausgegeben vom Magistrat der Stadt, lagerten 1637 eine darmstädtische Truppe und ein kaiserliches Regiment bei Löhlbach. Im Juni desselben Jahres plünderten und raubten sie Wildungen aus. Gut möglich, dass die Truppen auf der Ritterwiese ihr Lager aufgeschlagen hatten. Natürliche Quellen, Wasser für Mensch und Tier, gibt es hier zuhauf. Die Nähe zur damalig so genannten Reychsstraße, ermöglichte einen schnellen Einfall in die Stadt. Heute stehen auf der Wiese neu angepflanzte Apfelbäume von alten Sorten aus der Region.
Parallel zur Bundesstraße, rechter Hand durch den Wald, gelangen wir zur Straße zum Dülfershof. Diese überqueren wir, gehen geradeaus weiter, bis unser Weg auf die B253 trifft. Wir überqueren diese (Vorsicht!), und nutzen einen Forstweg auf der anderen Seite, der zunächst geradeaus verläuft, jedoch nach ca. 500 m eine Kurve nach Westen macht. So gehen wir hinab nach Löhlbach.
In Löhlbach wird es ein wenig schwieriger. Unser Originalweg würde der Bundesstraße folgen, aus dem Ort hinaus, und dann in die Wildunger Straße Richtung Frankenau biegen. Da wir bei dieser Variante lange an der stark befahrenden Straße entlang laufen müssten, wäre eine alternative Route über die Löhlbacher Felder nach Frankenau ratsamer.
Westlich von Löhlbach existierte an unserem Weg von 1140 bis 1188 das Benediktinerkloster Aulesburg, wo Pilger sicher Unterkunft finden konnten. Es wurde zu Gunsten des Zisterzienserklosters in Haina aufgegeben.
Die beste Alternative für unseren Pilgerweg, wäre dem Kellerwaldsteig zu folgen bis nach Frankenau. Es ist recht einfach, diesen zu finden. Wir überqueren in Löhlbach die B253 an der Stelle, wo unser Waldweg endete. Auf der anderen Straßenseite sind wir bereits auf dem Kellerwaldsteig, der uns ins junge Wesebachtal führt, und schließlich nach Frankenau.
Ab Frankenau können wir den alternativen Kellerwaldsteig nehmen (weißes K auf schwarzem Grund) bis zur Lengelmühle. Dort wechselt unser Zeichen wieder. Nun nehmen wir den Zugangsweg zum Kellerwaldsteig (gelbes K auf schwarzem Grund), der uns nach Ellershausen führt.
Ab Ellershausen nehmen wir das Wanderzeichen »umgekehrtes T«. Zunächst gelangen wir nach Geismar, und schließlich in die Innenstadt von Frankenberg. Von diesem wunderschönen Höhenweg aus haben wir einen herrlichen Blick auf den Berg, der von der Stadtkirche Frankenbergs gekrönt wird. Man könnte sich fast ins Mittelalter zurückversetzt fühlen.
Frankenberg war damals ein wichtiger Knotenpunkt zweier Handelsstraßen. Die eine, auf der wir uns gerade befinden, und die andere aus Marburg kommend, über den Christenberg im Burgwald, nach Korbach. Damals verliefen die Straßen am Fuße des Berges, auf dem sich die Altstadt Frankenbergs befindet. Heute hat sich die Stadt über den Berg hinaus ausgedehnt, und unser Pilgerweg ist quasi identisch mit der Fußgängerzone.
Ab Frankenberg fällt die Orientierung leicht. Die Handelsroute verlief ab hier an der Eder entlang. Da sich der Lauf der Eder in hunderten von Jahren stets änderte, ist der originale Pfad nicht mehr begehbar. Stattdessen nehmen wir den Ederhöhenweg, der gut sichtbar mit einem weißen E markiert ist. Über Battenberg geht es weiter nach Bad Berleburg, wo wir bereits die Landesgrenze überschritten haben.
Der Autor ist den Weg bis Bad Berleburg gewandert. Im Folgenden sind zunächst keine detaillierten Beschreibungen möglich.
Grobe Orientierung: Ab Bad Berleburg verlief, laut alter Landkarten, der Handelsweg quer über das Wittgensteiner Land nach Erndtebrück, von Erndtebrück nach Siegen, wo wir Anschluss an den Jakobsweg Marburg-Köln haben, der uns sicher in die mittelalterliche Metropole am Rhein führt.
Für Anregungen, Ergänzungen, Erfahrungsberichte, Feedback und Fotos zum Thema »Ein Jakobsweg für Wildungen« bin ich jederzeit offen. Ich wäre auch daran interessiert, eine Interessengemeinschaft zu gründen, die eine Markierung des Weges als Jakobsweg in die Wege leiten könnte.
Stefan Lööck
Kontakt: stloeoeck@web.de