Faktencheck zur Entwicklung des Standorts Brunnenallee 1

Brunnenallee 1 mit den anliegenden Grundstücken ist immer noch ein Schlüssel-Thema. (Foto: M. Zimmermann/Archiv)

Eine Erwiderung auf Artikel der SPD und der Freien Wähler über die Brunnenallee 1 in der WLZ vom 5.3.2021.

Die Darstellungen zur Brunnenallee 1 von Seiten der SPD und der FW verdrehen die Wirklichkeit, indem so getan wird, als wäre eine Entwicklung auf der Brunnenallee 1 immer schon eine unmögliche Sache gewesen und als könnte Bad Wildungen nur gerettet werden durch den Umzug von Herkules an die Itzel.

Ursprünglich hat das Einzelhandelsgutachten diese Grundstücke um den Parkplatz Brunnenallee 1 als Stadtentwicklungsgebiet auch für die Ansiedlung eines Supermarkts und weiterer Einrichtungen empfohlen. In der Stadtverordnetenversammlung wurde daraufhin der Beschluss gefasst, dieses Gelände für eine Stadtentwicklungsbebauung mit Einzelhandelsflächen auszuschreiben.

Dies war die Jahrhundertchance, die Innenstadt neu zu beleben, auch um die bestehenden kleinen Geschäfte und Gastronomiebetriebe in der Altstadt am Leben zu erhalten. Eventuell hätte auch die Fürstengalerie vergrößert werden können, und eine neuen Einkaufsmeile hätte entstehen können. Von Beginn an waren jedoch ein Teil der Stadtverordneten und Bürgermeister Zimmermann gegen eine solche Entwicklung.

Zu diesem Zeitpunkt war die Stellungnahme des Nationalparkamts in etwa zu beschreiben mit „wenn wir ein größeres, besseres Gebäude bekommen, stehen wir einer Lösung nicht entgegen“. Eine ähnliche Aussage war von der Sparkasse zu hören bezüglich des Grundstücks neben der Fürstengalerie. Auch Wackerbarth war bereit entweder seine Grundstücke herzugeben bzw. sich an der Entwicklung zu beteiligen. Das städtische Grundstück war ja ohnehin verfügbar. Der Eigentümer des Hauses Zahnarztpraxis und Versicherung konnte sich ebenfalls einen Tausch vorstellen. Die an den städtischen Parkplatz zur Krügerstraße hin angrenzenden Grundstücke standen zum Verkauf, ebenso das Grundstück Krüger neben dem Fürstenhof.

Die einmalige Chance, ein innerstädtisches Großprojekt mit neuen Anbietern wie REWE zu entwickeln, als Impuls zur Attraktivierung der Wildunger Innenstadt, war damit gegeben. Nach der bundesweiten Ausschreibung über dieses gesamte Areal hatten sich einige Großinvestoren und Projektentwickler beworben, da es mangels Projekten in Großstädten und geringer Zinsen attraktiv wurde, auch in einer Stadt wie Bad Wildungen Rendite zu erzielen.

Wie ist die Wildunger Stadtpolitik damit umgegangen? Die Termine mit Bürgermeister Zimmermann wurden in die Länge gezogen. Mancher Interessent musste Monate warten auf Gesprächstermine oder Auskünfte. Mit Interessenten, die 20-40 Millionen Euro in der Stadt für neue Entwicklungen investieren wollten ging man um, als wollten diese ein Einfamilienhaus bauen – eine Kombination aus fehlendem „Händchen“ und mangelndem Weitblick.

Aufgabe der Stadtverwaltung wäre nun gewesen, die angedachten Grundstücke durch Vorverträge zu sichern, und eine Veränderungssperre für das Gebiet zu erlassen, wie es übliche Praxis ist. Dies geschah jedoch nicht. Kein Wunder, wenn mit Bürgermeister Zimmermann die Verwaltungsspitze selbst gegen die Entwicklung des Areals war. Statt dessen kamen plötzlich über das grüne Umweltministerium große Worte gegen einen Umzug des Nationalparkamtes an einen anderen Standort – zufällig aus der Partei des stellvertretenden und Freundes des Bürgermeisters. Angesichts dieser Entwicklungen sprangen die interessantesten Investoren ab, das Risiko für die Investitionen war zu groß geworden.

Nach drei Jahren Verzögerung reichten dann doch noch einige Projektentwickler ihre Vorschläge ein. Bei der Auswahl entschied sich die Stadtpolitik in Gestalt des Planungsausschusses für das Projekt eines Entwicklers, der zuvor nur mit Seniorenanlagen Erfahrung hatte, jedoch mit den schönsten Bildern sein Vorhaben vorstellen konnte. Und diesen Projektentwickler stellte die Stadtverordnetenversammlung Anfang 2020 auf Antrag der FW vor die unlösbare Aufgabe, Vorhaben, die mehrere Jahre blockiert worden waren, innerhalb weniger Monate unterschriftsreif zu machen. Verbunden mit dieser Aufgabe an den Projektentwickler wurde die Konsequenz, nach Eintritt des vorhersehbaren Scheitern dieses Vorhabens den Umzug des Herkules an die Itzel weiter zu verfolgen.

Einer der anderen Projektentwickler, die von den Wildunger Stadtpolitikern nicht ausgewählt wurden, hat mittlerweile ein ganz ähnliches Projekt im Zentrum von Homberg gebaut – schade, dass dessen Kompetenz nicht erkannt werden konnte. In Homberg steht das Projekt, aus dem in Bad Wildungen (außer heißer Luft) nur jahrelanger Stillstand wurde. Nicht zu reden davon, wieviel Arbeit und Energie es kostet, solche Projekte vorstellungsreif zu entwickeln – alles umsonst, im wahrsten Sinn des Wortes.

In anderen Städten funktionieren Planungen zur Stadtentwicklung. Professioneller Umgang mit Investoren und eigenen Entwicklungsvorhaben ist dort möglich – während hier der Eindruck immer größer wird, dass die Stadtpolitiker sich in diesem Bereich wie Laienschauspieler im Theater verhalten. Es wird ein Großkonzern hofiert und als allein selig machender Glücksbringer hingestellt, der nur die Umsätze der Wildunger einkassiert, aber für die Stadt bis heute nichts getan hat. Damit wird jede andere Entwicklung blockiert. Seit über 40 Jahren besteht der Herkulesmarkt an der Odershäuser Straße ohne Neugestaltung, Modernisierung, Renovierung. Die Kunden kommen trotzdem – auch wegen des guten Standorts. Um hier eine Entwicklung auch im Sinne der Mitarbeiter und der Kunden zu forcieren, wäre eine Konkurrenz in der Innenstadt sehr heilsam gewesen.

Wir wollen nur hoffen, dass die neue Stadtverordnetenversammlung klüger an diese Thematik herangeht.

Autor: ein Stadtverordnetenversammlungsbesucher

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1 Kommentar

  1. Die Zeiten ändern sich rasant.

    Eine Einkaufsmeile in zentraler Lage, mit dem Auto, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mühelos erreichbar, mit einem großem Warensortiment, ist gewünscht und auch notwendig – somit wertvoll für die Bürgerinnen und Bürger einer Stadt.

    Wer jedoch den Konsum, den Einkauf von Konsumgütern, zukünftig weiterhin als primären Lebensstil moderner Gesellschaften in den Vordergrund stellt, somit als zukunftsweisende Weiterentwicklung einer Kleinstadt wie Bad Wildungen postuliert, der hat die Zeitenwende, jedenfalls in den westlichen Industriegesellschaften, noch nicht wahrgenommen.

    Glücksgefühle schaffen durch Konsum, dies ist und wird in Zukunft, bei immer mehr Menschen, nicht mehr primär angesagt sein. Selbst in den USA, in einem Land, wo das Einkaufen zum allgegenwärtigen Lebensstil gehört, dort machen immer mehr Einkaufszentren, insbesondere in den Kleinstädten auf dem Land, zu.

    Zukunftsweisende Stadtentwicklung wird primär nicht mehr durch immer größere und prunkvollere Einkaufszentren zu realisieren sein. Dass die Luft in diesem Segment immer dünner wird, ist unter den führenden Initiatoren bekannt. Es wird fortwährend schwieriger, die ausufernden Baukosten über die Mieten zu finanzieren.

    Die Lebensgewohnheiten der Menschen, die haben und werden sich weiter verändern. Lebensqualitätsschaffende Angebote, die den Menschen langanhaltende Glücksgefühle bescheren, werden die neuen Zugpferde einer zukünftigen Stadtentwicklung sein.

    Das weiß, bzw. sollte jeder Kaufmann wissen: Der Kunde bzw. Besucher kann sein freiverfügbares Einkommen nur einmal ausgeben. Das heißt: Nur die besten, die qualitativ wertvollsten, die attraktivsten Angebote, wo das Preisleistungsverhältnis stimmt, werden den zukünftigen Markt erobern (hierzu auch das Stichwort „Heloponte II“).

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