Infos zum Autor und seinem Werk finden Sie in der Folge 2.
In einem verlassenen Fort an der Atlantikküste Maines sind Kit Carson und Washakie bei ihrem alten Freund Norman Schutzbier zu Gast. Dieser beschwört zunächst in Washakie Erinnerungen an die Vergangenheit herauf. Danach ist Kit Carson an der Reihe. Er blickt im Geist zurück auf eine Zeit, in der er einen Treck nach Westen führte, bei dem auch das junge Halbblut Adaline dabei war.
Verantwortung. Sie hatte Kit Carson rasch angesprungen und war ihm bis heute zur treuen Begleiterin geworden.
Der frühe Tod des Vaters. Die Sicherung des Nutztierbestandes auf seinem ersten Treck in den Westen, als er noch ganz grün hinter den Ohren war. Truppführer der biberjagenden Trapper, da er rasch indianischen Wortschatz annahm und mit denen verhandeln konnte, die vor ihnen die jeweiligen Jagdgründe erschlossen hatten – was wichtig und oft schwierig zugleich war. Besonnenheit, zugleich rasches, intuitives Reaktionsvermögen, das sich so oft als richtig erwiesen hatte. Die Zeichen der Zeit und des Wandels erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Doch jedesmal war es wieder anders. Nachdenklich schüttelte Kit Carson für sich selbst den Kopf.
Sie waren über ein Dutzend Männer. Das Cheyenne-Lager bestand mindestens aus einem halben Hundert. Was, wenn es tatsächlich zu einer Konfrontation kommen sollte?
Einen Kampf wären sie dennoch nie ausgewichen, wenn der Treck ausschließlich aus Männern bestanden hätte. Kit aber trug auf diesem Treck eine weitere Verantwortung: für die zwei Mädchen.
Susan. Und Adaline …
Würden seine Treckbegleiter und er unterliegen, dann würden die Cheyenne als Sieger in ihr Dorf zurückkehren. Mit allem Hab und Gut – und mit den beiden Mädchen, deren weiteres Schicksal sich Kit lebhaft vorstellen konnte.
Der blonde Scout lenkte sein Reittier zu dem Wagen, den Jesse Nelson lenkte, der inzwischen zur Verwandtschaft zählte.
„Gib unauffällig weiter, dass alle die Waffen feuerbereit halten sollen, Jesse. Ganz unauffällig. Kein direkter Alarm.“
Nelson runzelte die Stirn.
„Die Cheyenne? Sie scheinen uns doch in Ruhe zu lassen, Kit.“
„Wollen wir es hoffen, Jesse“, erwiderte Kit. „Wollen wir es hoffen. Ich zweifle daran. Was ich dir jetzt erkläre, sind die Vorbereitungen, die wir treffen müssen. Genau so müssen sie an alle unsere Männer weitergegeben werden.“
„Werden Susan und Adaline nicht in Panik geraten, wenn sie das mitbekommen?“
„Mit ihnen muss ich gesondert reden, Jesse. Sie sollen durchaus verstehen, was auf uns zukommen kann. Außerdem müssen sie ihre ganz eigenen Vorbereitungen treffen.“
*
Ungefähr zwanzig Meilen weiter schlugen sie ihr Lager auf. Bis zuletzt hatten Kit, Jesse und der Frankokanadier, den alle Pete nannten, den Wagenzug umrundet, solange er in Bewegung war, und taten es noch, als er die von Kit gewünschte Formation einnahm. Alle Treckteilnehmer konnten ihre Vorbereitungen zuende treffen, bevor die drei Späher zu ihnen zurückkehrten. Bis jetzt hatte sich kein Indianer blicken lassen.
Über zwei Stunden vergingen.
Dann kamen die Cheyenne.
Ganz zwanglos.
Einzeln, zu zweit, zu dritt, in unregelmäßigen Abständen spazierten sie ins Lager der Weißen. Dabei zeigten sie nicht die geringsten kriegerischen Absichten. Sie schlenderten herum, warfen Blicke ins Innere der Wägen, tauschten Worte untereinander aus, kamen schließlich in der Mitte des Lagers zusammen.
Der blonde Scout bat sie in einfachen amerikanischen Worten, Platz zu nehmen, bot allen Tabak an und ließ sie lange miteinander in ihrer Stammessprache reden, während sie in Ruhe rauchten.
Als er genug gehört hatte, stand er auf und blickte über sie alle hinweg.
„Ein guter Plan“, ließ er seine Stimme erklingen. „Ihr habt euch kluge Gedanken darüber gemacht, wie und in welcher Reihenfolge wir umgebracht werden sollen. Bei mir wollt ihr warten, bis ich unaufmerksam bin, und mich dann mit einem Messer niederstechen. Die Mexikaner aber sollen wie Büffel sterben.“
Die Krieger der Cheyenne starrten ihn fassungslos an. Er hatte in ihrer Muttersprache gesprochen.