Den heutigen Tag sollte man sich merke(l)n. Denn am Nikolaustag werden nach altem Brauch die großen und kleinen Kinder, bevor er sie mit Süßigkeiten, Äpfeln und Nüssen und kleinen Geschenken erfreut, vom Nikolaus gefragt „Seid Ihr auch alle brav gewesen?“ Sein Begleiter Knecht Ruprecht hat außer dem großen Sack auch noch eine Rute dabei, um die bösen Kinder übers Knie zu legen. Also sollten alle möglichst guten Gewissens mit „Ja“ antworten können, damit Knecht Ruprecht nicht die Rute schwingen muss.
Nun ist das Adjektiv brav ja irgendwie aus der Mode gekommen. Wahrscheinlich hängt das mit dem gesellschaftlichen Wandel der vergangenen 50 Jahre zusammen. Die heutige Jugend kann bestimmt mit den Bedeutungen artig, gehorsam, gut oder lieb nur wenig anfangen. Bei den Politikern aller Ebenen sind die anderen Bedeutungen wie bieder, konservativ, aufrichtig, ehrlich oder rechtschaffen vielfach verpönt. Manchen Bildungsbürgern fällt in dem Zusammenhang wahrscheinlich der antimilitaristische Schelmenroman „Der brave Soldat Schwejk“ ein. Darin wird das Eigenschaftswort brav in der Bedeutung von heldenhaft, mutig und tapfer vom Autor Jaroslav Hašek satirisch aufbereitet.
Würden jene großen „Kinder“, die an diesem Tag im Wildunger Finanzausschuss oder im Hessischen Landtag oder in Hamburg zur Kür eines oder einer Vorsitzenden zusammenkommen die Frage vom Nikolaus nicht ehrlich bejahen können, hätte Knecht Ruprecht bestimmt viel zu tun. Da ginge sicher manche Rute zu Bruch.