Blühende Vielfalt statt Mais-Monokultur auch in Edertal

In Mehlen gedeihen Wildpflanzen als nachwachsende Energieträger

Blütenvielfalt statt Mais-Monokultur: Werner Kuhn aus dem unterfränkischen Güntersleben, Michael Bischoff und Kai Döhring (von links) stellten das Pilotprojekt Bunte Biomasse in Mehlen vor, rechts auf dem Foto Niklas Wende. (Foto: Klein)

Von Uli Klein.
Mehlen/Malsfeld. Auf seinem Acker in unmittelbarer Nähe des Nationalparkeingangs in Mehlen gelegen, hat Michael Bischoff Wildpflanzen angebaut, die für die Biogasproduktion bestimmt sind. Nach Auskunft von Werner Kuhn vom Netzwerk Lebensraum Feldflur, gilt Bischoff als Pionier in Hessen: „Weil er sich für die Aussaat heimischer Wildpflanzen und Kulturarten als nachwachsende Energieträger entschieden hat.“

Eher durch Zufall sei er auf den Anbau von Wildpflanzen für die Biomasseproduktion aufmerksam geworden, berichtet Michael Bischoff, der als Geschäftsführer seines Dienstleistungsunternehmens in Malsfeld arbeitet und dort lebt. „Ein Berufsjäger aus Niedersachsen, in dessen Auftrag ich in der Rehkitzrettung aus der Luft im Einsatz war, brachte mich auf die Idee.“ Für das Wildpflanzen-Projekt habe er dann auch andere begeistern können, erzählt der passionierte Jäger. Dazu zählt Kai Döhring aus Altwildungen, der mit einem Kompagnon eine Biogasanlage betreibt. „Diese Art der Biomasse-Erzeugung bietet eine Menge Vorteile für den Menschen und die Natur. Ich denke da in erster Linie an den Arten- und Landschaftsschutz. Denn nicht nur Insekten und Vögel profitieren von den Wildpflanzen, sondern auch eine Reihe anderer Tierarten wie der Feldhase oder das Reh.“ Weitere Vorteile seien der Erosions- und Grundwasserschutz, weil auf den Einsatz von Herbiziden verzichtet werden könne, ergänzt Michael Bischoff. Biomasse sei ein wichtiger Baustein der Energiegewinnung, erklärte Werner Kuhn vom Netzwerk Lebensraum Feldflur beim Ortstermin in Mehlen.

Wenngleich der Anbau von Energiemais wegen seines hohen Biogasertrags derzeit immer noch die erste Wahl sei. Kuhn erinnerte an die Zeit nach dem beschlossenen Atomausstieg und die damals hochgelobten Anfänge der Biomasseproduktion. „Heute müssen wir uns mit dem Vorwurf vermaister Landschaften auseinandersetzen. Darum wollen wir gemeinsam Wege aufzeigen, wie die Energieerzeugung aus Biomasse enger mit dem Arten- und Naturschutz verknüpft werden kann.“ Ziel des Netzwerks Lebensraum Feldflur, das sich aus Akteuren der Jagd, Naturschutz, Bienenhaltung und Energiewirtschaft zusammensetzt, sei es eine ökologisch und ökonomisch tragfähige Ergänzung zu konventionellen Energiepflanzen in der Landwirtschaft zu etablieren. Michael Bischoff habe mit der Saat artenreicher Mischungen aus Wild- und Kulturpflanzen einen wichtigen Beitrag für das Pilotprojekt Bunte Biomasse geleistet. Das Anbausystem solle deutschlandweit auf möglichst vielen Flächen angewendet werden und sich in der landwirtschaftlichen Praxis dauerhaft etablieren, erklärte Werner Kuhn.

Als nachahmenswert bezeichnet Wolfgang Lübcke vom NABU Edertal die Initiative von Michael Bischoff. „Er ist jemand, der sich um die Gestaltung der Natur Gedanken macht und mit seinem Handeln die biologische Vielfalt schützt. Das ist nicht selbstverständlich für einen Jagdpächter.“ Der Anbau von Wildpflanzen bewirke aus ökologischer Sicht eine enorm wichtige Abwechslung in von Mais dominierten Kulturlandschaften. „Denn auch in der Nationalparkgemeinde Edertal wird Energiemais für die Biogasproduktion großflächig angebaut“, gibt Wolfgang Lübcke zu bedenken.

Das Projekt
Der Verlust der Biologischen Vielfalt hat in der Feldflur dramatische Ausmaße angenommen. Seit dem Frühjahr 2019 setzen die Veolia Stiftung, der Deutsche Jagdverband und die Deutsche Wildtier Stiftung ein erfolgreiches Modell zum Schutz der Biodiversität in den Agrarlandschaften in die Praxis um. Mit dem Kooperationsprojekt „Bunte Biomasse“ soll deutschlandweit Mais durch ertragreiche, mehrjährige Wildpflanzenmischungen zur Biomasseproduktion ersetzt werden. Die Flächen bieten Bodenbrütern im Frühjahr Nistmöglichkeiten und das langanhaltende und vielfältige Blütenangebot verbessert die Nahrungsressourcen für Bienen und Schmetterlinge, wovon wiederum viele Vogel- und Fledermausarten profitieren. Gleichzeitig produzieren ertragreiche Wildpflanzenmischungen bis zu 45 Tonnen Frischmasse je Hektar, die bei einer einmaligen Investition im Saat-Jahr jährlich geerntet werden können. Weitere Infos: https://www.energie-aus-wildpflanzen.de/

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1 Kommentar

  1. Wer die industrielle Nutzung biologischer Stoffe und natürlicher energetischer Kreisläufe verharmlost, sie sogar als Allheilmittel für die Industrie ansieht, wird mit fatalen Auswirkungen (auf das gesamte Ökosystem der Erde) rechnen müssen.

    Heute wissen wir doch was passiert wenn der Mensch die biologischen Stoffe, bzw. die energetischen biologischen Kreisläufe, die die Natur über Jahrtausenden geformt und entwickelt hat, industriell ausbeutet; welche Wirkungen und Wechselwirkungen das in den natürlichen Prozessabläufen auf der Erde hervorbringt.

    All das ist uns heute bekannt. Trotzdem sollen sie in Zukunft (mehr und mehr) industriell zur Nutzung kommen – und das alles im Sinne von Umwelt- und Naturschutz – das ist paradox.

    Lernt der Mensch denn nicht aus seinen Fehlern in der Vergangenheit?

    Biologische Stoffe (welcher Art auch immer) dürfen den biologischen und energetischen Kreislauf des Lebens nicht (auf industrielle Art und Weise) entzogen werden. Macht man das, geht das immer auf Kosten des Lebens.

    Wir leben in einer Zeit des Wandels, eine neue zukunftsweisende Energie- und Kraft-Nutzung (mit entsprechender Technologie, neue zukunftsweisende Prozessabläufe, die zur wirklichen Problemlösung und Aufgabenbewältigung taugen, sind heute mehr den je gefragt.

    Was also tun?

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