Die Qual der Wahl: 4 Variationen für ein Helo II

Nicht leicht für die Stadtverordneten. Denn ein Neubau des Heloponte wird teuer.

Ob es nicht nur für Einheimische, sondern auch wieder für Touristen ein Magnet wird? (Foto: PR/Archiv)

Am vergangenen Dienstag legten in einer nichtöffentlichen Informationsveranstaltung die Firmen Constrata und PRO/FUND-Consult der Stadtverordnetenversammlung eine neue Machbarkeitsstudie für das Heloponte 2 vor. Bürgermeister Gutheil, die Verwaltung und der Magistrat hatten diese in Auftrag gegeben, damit die Stadtverordneten eine aktuelle Beratungsgrundlage für die anstehenden Entscheidungen haben. Es wurden vier Varianten vorgestellt, die Investitionskosten und das jeweils zu erwartende Defizit berechnet.

Im Überblick zeigte sich Folgendes:

Die Variante 1 ist eine relativ einfache Lösung, die etwa 14 Mio. Euro kostet. Es gibt ein 25m Sportbecken mit 5 Bahnen, ein Lehrschwimmbecken, einen Eltern-Kind-Bereich, eine Textilsauna und eine Außenterrasse. Das Defizit wird mit Abschreibungen auf 1,65 Mio. Euro pro Jahr berechnet.

Bei der Variante 2 ist das Lehrschwimmbecken mit einem Freizeitbecken kombiniert und eine Innen- und Außensauna vorgesehen. Die Investitionskosten steigen auf 23 Mio. Euro und das Defizit auf 1,83 Mio. Euro jährlich.

Bei Variante 3 ist ein zusätzliches ganzjährig geöffnetes Außenbecken mit Solewasser hinzugekommen. Die Wasserfläche beträgt etwa 100 qm. Hier liegen die Investitionskosten bei 24,2 Mio. Euro und das zu erwartende Defizit bei 1,92 Mio. Euro jährlich.

Schließlich kommt bei Variante 4 ein kleines Freibad mit 250 qm Wasserfläche und einigen Wasserattraktionen hinzu. Dieses Becken wäre nur im Sommer geöffnet. Der Invest steigt auf 25,12 Mio. Euro und das Defizit auf 2,0 Mio. Euro jährlich.

Die Studie zeigt auch, verdeutlicht durch Grundrisse und Fotos aus anderen Bädern ähnlicher Konzeption, dass alle vier Varianten eine attraktive, architektonisch hochwertige und in den Landschaftsraum eingepasste Lösung ermöglichen.

Gleichzeitig wird aus der Studie deutlich, dass die Autoren mit dem nötigen Realismus vorgegangen sind. So werden die Besucherzahlen äußerst vorsichtig kalkuliert. So werden für die vier Varianten zwischen 65.000 und 92.500 pro Jahr angenommen. Zum Vergleich: Das jetzige Heloponte hatte in den ersten Jahren seines Betriebes deutlich über 200.000 Besucher. Für den Saunabereich werden jeweils 30.900 Eintritte erwartet.

Auch erteilten die Gutachter in der Diskussion vielen Vorstellungen eine deutliche Absage. So wurde bei den Zukunftsaussichten zu großer Vorsicht geraten. Das Freizeitverhalten habe sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert, Erhöhungen von Besucherzahlen für Bäder diesen Typus seien nicht zu erwarten. Freibäder wurden als reiner Luxus bezeichnet. Als Beleg wurde angeführt, dass deutschlandweit die Freibadbesuche in den warmen Sommern 2018 und 2019 um 30 % niedriger lagen als im ebenfalls sehr warmen Sommer 2003. Ebenso kritisch sahen die Gutachter die Vorstellung – unabhängig davon welche Variante man wählt – dass man zusätzliche Attraktionen einbauen könne. Jede dieser Maßnahmen würde unweigerlich zu einer Erhöhung des Defizits führen. Bei den Investitionskosten, die wir oben genannt haben, schlagen die Gutachter schließlich vor, eine Risikopuffer nach oben einzuplanen. Der beträgt für Variante 1 bis zu drei Millionen Euro und bei den Varianten 2 bis 4 jeweils fünf Millionen Euro. Um diese Summen könnten sich also die Investitionen noch erhöhen.

Wolfgang Nawrotzki

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4 Kommentare

  1. Das Heloponte – ein Bad gebaut in den besten Zeiten, des ungehemmten Geldflusses der 1980er Jahre.
    Für das neue „Bad“ sehe ich nur die Finanzierbarkeit, weil die folgenden Generationen es stemmen müssen.
    Ein „Familienbad“ scheint da das Minimum zu sein, es sei denn es kommt ein privater Investor, der mit einer Attraktion aufwarten will? Oder sollten wir Bürgerbeteiligungen, in Aktienform ermöglichen? Aber ohne Ertrag, Gewinn ausgeschlossen….wohl kaum möglich.

    So könnte ein Jeder zum Bau seines Traumes beitragen.

    Die Kurhessentherme in Kassel wird privat betrieben, jetzt sind wir nicht Kassel (200t Einwohner) und haben nicht das Einzugsgebiet – allgemein wurde es auch ruhiger um die Therme.
    Also welche Attraktion, müsste man in unserem Ort schaffen, um „alle“ her zu locken?

    Was bei allen diesen Fragen/Gutachten/Überlegungen verloren ging:
    1. Die Zeit läuft ab, das Heloponte ist alt und könnte jederzeit ausfallen
    2. die Gemeinschaft mit Fritzlar, dort ist ein Freibad vorhanden
    3. Angrenzende Gemeinden bauen weitere Schwimmbäder und sind erreichbar
    4. Alle Bad Wildunger Parteien müssen an einem Strang ziehen, um es zu schultern

    Die Klima-Krise vor Augen was macht denn Sinn, wie sollte ein Bad heute aussehen?
    Solare Energiegewinnung > Thermische (Wärme) und > photovoltaische (Strom)
    Eine Schwimmmöglichkeit und eine Energiefabrik, mitten in der Stadt?
    Dafür könnte man Aktionäre kriegen.

    Wir sind der Lösung noch fern, also kann man mal weiter spinnen?

    Macht einen Wettbewerb, lobt aus, an Universitäten für Design, Infrastruktur/Stadtentwicklung, an den Kunsthochschulen, beim Bauhaus – denn es braucht eine ganzheitliche Lösung, nicht nur Architektur!
    Die Technik und Konstruktion ist der zweite Schritt, es fehlt noch der erste – die Idee.
    Bei den Zahlen wird mir schwindelig, eingehalten wird im öffentlichen Bau nie das geschätzte.
    Eine Vervierfachung ist üblich, manchmal auch mehr?
    Wenn man das vorher wüsste, könnte man sogar das einplanen 😉

    • Zitat: „Macht einen Wettbewerb, lobt aus, an Universitäten für Design, Infrastruktur/Stadtentwicklung, an den Kunsthochschulen, beim Bauhaus – denn es braucht eine ganzheitliche Lösung, nicht nur Architektur.“

      Einen „Öffentlich offenen Wettbewerb“, den hätte man schon vor Jahren initiieren können – da meinte man lapidar: „Dazu wäre die Zeit nicht mehr.“

      Auch ein ganzheitliches Entwicklungskonzept fehlt Bad Wildungen: Wie, insbesondere in welche Richtung, soll sich die Stadt in den nächsten 30 Jahren entwickeln? Ziele und Zielsetzungen festlegen.

      Von jedem ein Bisschen, abwarten, wer mit was kommt, dies hat vielleicht im letzten Jahrhundert einigermaßen funktioniert, heute wird das zu Nichts führen. Heute sollte, nein muss man die gewünschte Richtung der Stadtentwicklung vorgeben – und mit dieser Richtung (…) europaweit bei Initiatoren und Investoren werben.

      Wenn eine Stadt kein klares Konzept hat (somit verfolgt), werden es die Parlamentarier einer Stadt immer sehr schwer haben, insbesondere bei Projekten im mehrstelligen Millionenbereich, die dazu notwendigen Entscheidungen zu treffen.

  2. Mit Wirtschaftlichkeit und Entwicklung von Grundstücken und Gebäuden kennt sich Eckhard aus! Vielleicht weiß der Ingo noch einen guten Rat *gnampf

  3. Korrektur: Das zukünftige „Neue Heloponte“ benötigt einen >täglichen< finanziellen Zuschuss von ca. 4.500 € bis 5.500 € – je nach Variante.

    Was sind das für unwirtschaftliche Entwürfe – wo bleiben denn da die baulichen, technischen und betrieblichen Innovationen (…) die zur Kostenbegrenzung beitragen?

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