Ein Haushalt mit welchen Zielen, bitte?

Vom Beispiel Solingen könnte Wildungen ja profitieren. (Grafik: (c) nrweltoffen-solingen.de)

Aufmerksame Leser und Leserinnen erinnern sich vermutlich daran, bei uns auch diverse Haushaltsreden anderer Parteien gelesen zu haben. Schließlich geht es ja immer auch um Zukunftsprojekte für Wildungerinnen und Wildunger. Nun erreichte uns zum Haushaltsentwurf der Stadt Bad Wildungen bislang nur dieser markante Diskussionsbeitrag. (hmz)

Regina Preysing (Die Linke Bad Wildungen) am 5.12.2022 in der Stadtverordnetenversammlung:

„Produkte mit dem Ziel, an deren Stellschrauben drehen zu wollen, ist eigentlich eine passende Anforderung an einen Haushaltsbericht.

Aber gerade beim Thema Kindertagesstätten hatten wir bereits diskutiert, dass dessen Komplexität mit einfachen Kennzahlen nicht bewertet werden kann.

Es gibt allerdings wesentliche Bereiche des Haushalts, die tatsächlich relevant sind für die Höhe und vor allem die Entwicklung der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben der Stadt.

Zu bewerten, ob der vorgelegte Haushaltsplan solchen Zielen dient oder nicht, ist jedoch schon allein deshalb nicht möglich, weil es der Stadt an Zielen für ihre Entwicklung fehlt.

Zwar wurde im vergangenen Jahr ein Mitarbeiter der Stadt beauftragt, aus den Arbeiten der hierfür beauftragten, sicher nicht günstigen, Beratungsorganisationen Inhalte eines solchen Entwicklungskonzepts zu erarbeiten. Hieraus ist jedoch kein Konzept entstanden, das Ziele der Stadtentwicklung vorgeben würde.

So bleibt es dabei, dass es engagierten Mitarbeitern der Stadtverwaltung obliegt, förderfähige Maßnahmen zu finden, die in die eingeworbenen Förderprojekte passen, und so eine Menge Geld in immerwährende Umgestaltung von Straßen im Bereich der Kernstadt zu lenken.

Auch hier entfällt jede nachfolgende Betrachtung über ein Return On Investment. Augenfällig ist leider, dass viele Straßen schon nach kurzer Zeit wieder kaputt sind wegen schlechter Ausführung. Es ist ja auch keine Zeit, ordentlich zu arbeiten, wenn Bushaltestellen zum wiederholten Mal umgebaut werden, weil hierfür grade Fördergelder zu haben sind.

Nicht zu sprechen davon, dass Investitionen in den Erhalt von stadteigenen Immobilien in Bezug auf ihren Wert zum Erhalt des Gebäudes nicht bewertet werden können. Deshalb können scheinbar auch solche Investition nicht begründet werden, sodass stadteigene Immobilien seit Jahren verfallen. Es sei denn es findet sich zufällig ein Förderprogramm… und auch dann haben es diese Häuser schwer, davon zu profitieren.

Welchen Beitrag aber das, was die Stadt und deren Eigenbetriebe und Beteiligungen besitzen und tun, zu einer Weiterentwicklung der Stadt und ihrer künftigen Einnahmen und Ausgaben leistet, ist im Haushalt gar nicht erkennbar. Vor allem das Eigenleben der Staatsbad GmbH macht diese Bewertung schwierig. Hier wird immer wieder mit Annahmen nach dem Motto „wir machen das, was wir immer gemacht haben, das wird sicherlich mehr Gäste bringen“ der Betrieb und dessen weitere Entwicklung bewertet. Überprüft wird das nie – ist ja auch schwierig ohne Ziel. Die Stadtverordnetenversammlung kann hier schon gar nicht mitreden.

Wie deren Tätigkeit mit Einnahmen und Ausgaben sich auf die weitere Entwicklung der städtischen Einnahmen auswirken wird, wird gar nicht betrachtet. Davon ganz zu schweigen, mögliche Entwicklungsschwerpunkte der Stadt mit vorhersehbaren Entwicklungen der hessischen, deutschen oder internationalen Entwicklung irgendwie ins Verhältnis zu setzen.

So bleibt der Haushalt Spielball der Förderprogramme von Land und Bund und der engagierten Mitarbeiter in der Wildunger Bauplanung, die sich um den Erhalt der Straßen kümmern.

Auch die Einordnung als Produkt und die Ausweisung von Kennzahlen ändern nichts an Notwendigkeiten bei der Erbringung der Pflichtleistungen kommunaler Organisationen, den Kreis mit seinen Umlagen eingeschlossen. Insbesondere dort, wo eine Vielzahl von Regelungen aus Land und Bund gelten, wie bei der Kinderbetreuung, dürfen wir wohl auf die korrekte Arbeit der Mitarbeiterinnen der Verwaltung zählen. Hier ist vielmehr zu konstatieren, dass sowohl Stadt als auch Kreis bezahlen müssen, was von den Regierungen in Land und Bund beschlossen wird. Hier sind die wichtigsten Stellschrauben auch für den Wildunger Haushalt. Dies an die Adresse der CDU, die so tut, als wären die entsprechenden Positionen im Haushalt Folge von Willkür und ungerechtfertigter Bereicherung.

Auf einen Haushalt nur zu schauen mit der Idee, hier zu sparen dass es knackt, kommt auch nur, wer nicht über Ziele und Wege zu deren Erreichung diskutieren kann.

Insofern würde ein Entwicklungskonzept für die kommenden 10 bis 15 Jahre den städtischen Haushalt sinnvoll bewertbar machen. Solange das aber nicht der Fall ist, wird wohl in Bad Wildungen das meiste Geld weiterhin auf die Straße geworfen – für einen Kurort vielleicht doch nicht der beste Platz. Und das hilft den Einwohnern ganz sicher nur sehr eingeschränkt in ihrer Lebensqualität.

Eine langfristig nachhaltige Verbesserung der Einnahmen der Stadt ist nur über die Bevölkerungsstruktur möglich… gute Einkommen sichern die Gewinne von Gewerbebetrieben, und sind auch eine Folge davon. Gute Einkommen sichern gute Anteile aus Schlüsselzuweisungen aus Einkommenssteuer, gute Umsätze in der Stadt an der Umsatzsteuer. Eine sich selbst verbessernde Spirale kann nur in Gang kommen, wenn die Stadt attraktiv ist für Einwohner, und für Gäste – weil diese Stadt nur von Gästen leben kann.

Diese beiden Kennzahlen… Entwicklung der Einwohner und deren Einkommen und Entwicklung der Gästezahlen… sind sicher eine gute Grundlage, alle Haushaltsprodukte auf ihren Effekt hierfür zu bewerten. Weitere Kennzahlen für die drängenden Probleme Erhalt unserer natürlichen Umwelt, lokale Energiewende, Erhalt des Kurortes, sind ebenfalls wichtig.“

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