Trotz Fukushima – wie sicher ist die Atom-Technologie?

Brennender Reaktor, Fukushima 2011 (Foto: scinexx.de)

Überlegungen zur klimaneutralen Energieversorgung

Was sahen wir am 11. März 2011? Die Bilder von den havarierten japanischen AKWs nach dem Tsunami, der 20.000 Menschenleben forderte. Diese Katastrophen-Bilder und das Leid der Menschen ließen hierzulande selbst hartgesottene „Kernkraft? Na klar“-Anhänger nicht kalt. Kinder, deren Schilddrüsen mit Geigerzählern auf radioaktiv strahlendes Jod untersucht wurden, die hilflos wirkenden Versuche der Tepco-Leute, die 3 Reaktoren zu kühlen, bis sie dann einer nach dem anderen explodierten. Unmengen an Radioaktivität wurden – Glück im Unglück – nicht in die Hauptstadt Tokio, sondern überwiegend in den Pazifik geweht. Dennoch gelangte noch so viel strahlender Fallout ins Landesinnere, dass der Befehl zur Evakuierung erging.

Die Liste der Erschütterungen in die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Kerntechnik ist lang: Die drei spektakulärsten heißen Windscale (britische „WAA“), Harrisburg (AKW, USA) und Tschernobyl (AKW der UdSSR, heute Ukraine).

Auch bei den deutschen AKWs, die nach offiziellem Bekunden die „sichersten der Welt“ seien, gab und gibt es Störfälle, Notabschaltungen, gehäuft Leukämie bei Kindern in der Umgebung, Versprödung der Druckbehälter, Haar-Risse in Rohren, Vertuschungsversuche und die bekannte Einflussnahme auf die Politik.

Ob es sich wirklich um Lügen handelte oder einfach nur Unwissenheit, ist heute wohl nicht mehr zu klären: Der hessische CDU-Politiker Alfred Dregger behauptete einst, dass der Atomstrom so billig sei, dass man keine Stromzähler mehr brauche, und der bayrische Ministerpräsident F.-J. Strauß, der brave einheimische CSU-treue Demonstranten, die friedlich gegen sein Lieblingsprojekt einer Wiederaufarbeitungsanlage bei Wackersdorf demonstrierten, als Anarchisten beschimpfte. Er bezeichnete die bei Wackersdorf geplante WAA als so harmlos wie eine Fahrradspeichen-Fabrik.

Solche „Fehleinschätzungen“ sind offenbar nicht Vergangenheit.

Zehn Jahre nach dem GAU, dem „größten anzunehmenden Unfall“, dem „Unwahrscheinlichen“, der nach Aussagen der Atomindustrie nur alle 100.000 bis 1 Million Jahre vorkommen könne, gibt es wieder Menschen, die mit neuen Versprechungen einen Wiedereinstieg in diese Technologie befürworten.

Reaktor Fukushima Daiiachi Nr. 3, aufgenommen am 11. Oktober 2011 für REUTERS/IAEA/Handout.

Andere fordern Laufzeitverlängerungen für die noch nicht abgeschalteten AKWs mit dem Argument, dass die doch klimaneutral seien. Tatsächlich sind sie im Betrieb klimafreundlicher als etwa Braunkohlekraftwerke, weil bei der CO2-Bilanz der Energie-Verbrauch beim Bau des AKW herausgerechnet werden kann. Der Herstellungsprozess des nuklearen Brennstoffs Uran ist jedoch alles andere als klimafreundlich. Zudem emittieren Kernkraftwerke Krypton, dass um ein Vielfaches klimaschädlicher ist als CO2. Diese Bilanz wird weiter verschlechtert durch die – übrigens immer noch nicht gelöste – Endlagerung.

Atom-Strom ist der mit Abstand teuerste, er ist nicht konkurrenzfähig mit Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen.

AKWs sind störanfällig, sie fallen auch zusätzlich zu den Wartungs- und Reparaturintervallen schon auch mal längere Zeit aus.

Als Brückentechnologie sind sie ungeeignet, weil sie nicht eben mal schnell runter- und wieder hochgefahren werden können.

Im Fall einer Havarie wird das Argument CO2-Freundlichkeit zur Nebensache. Dann geht es – anders als im japanischen Fukushima, wo der Wind gnädigerweise günstig wehte – nur noch darum, wie viele Menschen man rund um Gundremmingen, Grohnde, Brokdorf, oder aber Doel, Hinkley Point oder Temelin evakuieren muss – und auch kann.

Dieses Katastrophenpotential gibt es bei den alternativen bzw. regenerativen Energien nicht.

Die beiden wesentlichen Energiequellen – neben Wasserkraft, Biogas und Geothermie – sind im Überfluss vorhandene Sonnen- und Windenergie. Letztere ist z.T. schwer vermittelbar; auf weitere Zuwächse könnte man meines Erachtens angesichts der unfassbar großen Energiemenge von der Sonne locker verzichten. Die Kombination Sonne-Wind würde die notwendige Speicherkapazität verringern.

Das derzeitige Problem ist das Fehlen von Speichern. Stromlücken Tag/Nacht bzw. Sommer/Winter bei der Solarenergie und Wind/Flaute müssen in einer Industriegesellschaft mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden.

Das können Gaskraftwerke leisten, die aber CO2 produzieren, wenn auch weniger als Kohlekraftwerke. Sie haben daher das Potential zur Brückentechnologie.

Doch was kommt danach?

Ab 2050 soll Deutschland klimaneutral sein. Also auch ohne fossiles Erdgas.

Dann muss man spätestens auf die heute schon vorhandenen Speichertechnologien zurückgreifen. Der bedeutsamste ist heute schon Wasserstoff. Aus (überschüssigem) Strom lässt er sich leicht aus Wasser gewinnen. Umgekehrt lässt sich daraus auch wieder Strom machen. Der Energieinhalt ist so groß, dass er als Raketenantrieb verwendet wird.

Bei der Verbrennung ist er CO2-neutral.

Wasserstoff hat das Potential als Energiespeicher. Dies ist wissenschaftlich unbestritten.

Es ist also möglich, eine sichere Energieversorgung auf der Basis regenerativer Energien unter Einbeziehung von Wasserstoff als Speichermedium zu gewährleisten.

Die Regenerativen Energien haben heute schon einen Anteil von etwa 50 %, trotz Behinderung durch Lobbyisten und Politik. Wenn die Politik von der Bremse aufs Gaspedal wechselte, könnte die Bundesrepublik schneller als geplant klimaneutral und damit zur Blaupause auch für andere Länder werden.

Manfred Zinke

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2 Kommentare

  1. Zur Erinnerung: Der „saubere Atomstrom“ ist von Anfang an ein Nebenprodukt der Bombenherstellung. Denn um das dafür nötige spaltbare Material zu bekommen, müssen die in einem Reaktor gebrauchten Brennstäbe in einer „WAA“ (=Deckname für Plutoniumfabrik: Wiederaufbereitungsanlage) zerlegt werden. Deren Bau verhinderte der konsequente und ständig wachsende Widerstand in den 70-er und 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts bei Gorleben, Diemelstadt-Wethen, Frankenberg-Wangershausen und schließlich bei Wackersdorf.
    Die europäischen Atommächte Frankreich und Großbritannien haben jeweils eine WAA, in denen die deutschen Brennstäbe verarbeitet werden, deren verglaste – Millionen Jahre strahlende – Reste sodann, vertragsgemäß in Castoren verpackt, wieder zurück kommen und an AKW-Standorten „zwischengelagert“ werden müssen.

  2. Korrektur

    https://www.facebook.com/photo/?fbid=4059470884107199&set=a.388062567914734

    Lediglich 15 Prozent (%) der in Deutschland zur Wärme- und Kraftgewinnung genutzten Primär-Energie wurde 2019 mit erneuerbaren Energiequellen bereitgestellt.

    Das heißt im Umkehrschluss: 85 Prozent der Wärme- und Kraftgewinnung wurde noch durch einen Verbrennungsprozess verfügbar gemacht.

    Das politische Ziel ist es: Zukünftig 100 Prozent der Wärme- und Kraftgewinnung aus regenerativen Energiequellen verfügbar zu machen.

    Da muss man kein Mathematik- bzw. Physikgenie sein, um festzustellen, dass so ein Eingriff in die natürlichen Energiewandlungsprozesse, innerhalb der Biosphäre, uns in ein umwelttechnisches Desaster führen wird.

    Fakt ist: Die Energie der Sonne, in Form von elektromagnetischer Strahlung, verursacht die verschiedensten Energiewandlungsprozesse, mit den verschiedensten Wirkungen und Wechselwirkungen, in der Biosphäre. Das gesamte Leben auf der Erde ist von diesen Energiewandlungsprozessen, von den dadurch verursachten Wirkungen und Wechselwirkungen, abhängig.

    Nun sollen, in einem noch nie dagewesenem Ausmaß, und das mit staatlicher Unterstützung, diese natürlichen Energieflüsse angezapft und in die heutigen Energie>einweg<technologien geführt werden.

    Das Desaster, die menschengemachte Katastrophe, ist damit vorprogrammiert.

    Was also tun? Siehe Energie<mehrwegmehrwegeinweg<technologien verprasst wird, benötigen wird.

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