Einzelhandel: Unruhe in der Innenstadt Bad Wildungens

Liebe Leserinnen und Leser,

die Redaktion hat Ihnen in der letzten Zeit in einer kleinen Serie über das neue Einzelhandelskonzept für die Stadt Bad Wildungen berichtet. Im Kern stand die Verlagerung des Herkulesmarktes an die Itzelstraße. Die „Initiative zur Stärkung der Innenstadt“, vertreten durch Peter Goebel und Günter Wackerbarth, haben uns ein Schreiben, das an alle Stadtverordneten versandt worden ist, zur Verfügung gestellt. Nachfolgend dokumentieren wir dieses Schreiben einschließlich der Stellungnahme von Dr. Heinz Janning, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.


Initiative zur Stärkung der Innenstadt
Bad Wildungen, den 9. November 2021
An die Damen und Herren Stadtverordneten in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bad Wildungen

Vorschlag des Büros Dr. Lademann & Partner vom 8.9.2021 zur Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes der Stadt Bad Wildungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir wenden uns an Sie, weil wir in großer Sorge um die städtebauliche und funktionale Struktur unserer Innenstadt sind, wenn der vorliegende Vorschlag des Büros Dr. Lademann & Partner für eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen und damit das zugunsten der Herkules-Verbrauchermarkt-Ansiedlung an der Itzel geänderte Konzept Richtschnur für die Stadtentwicklung in den nächsten Jahren wird.

Die meisten von Ihnen werden wissen, dass sich unsere Initiative seit vielen Jahren mit der Einzelhandelsentwicklung in unserer Stadt befasst. Entsprechend von seit langem vorherrschenden städtebaulichen Konzepten ist es unstrittig, dass die Innenbereiche unserer Kleinstädte und Mittelzentren unbedingt gestärkt werden müssen (Städtebauförderungsprogramme wie z.B. „Ab in die Mitte“ und „Lebendige Zentren“). Wir haben alle Planungsüberlegungen in diese Richtung aktiv unterstützt. Das Einzelhandelsgutachten der CIMA aus dem Jahr 2017 bot hierzu die richtigen Grundlagen. Das von der CIMA erarbeitete Einzelhandels- und Zentrenkonzept ist dann von der Stadtverordnetenversammlung am 3.9.2017 mit großer Mehrheit beschlossen worden

Wenn der Magistrat schon der Auffassung war, dass bereits nach nur vier Jahren eine Fortschreibung dieses Konzeptes nötig ist, hätte es nahegelegen, die Firma CIMA, wie in der Vergangenheit schon gehandhabt, mit der Fortschreibung zu beauftragen. Gründe für den Gutachterwechsel sind nicht offengelegt worden.

Seit mehr als 10 Jahren wird unsere Initiative von Rechtsanwalt Dr. Heinz Janning (Wettringen) bei der Frage des Einzelhandelskonzepts für Bad Wildungen beraten. Dr. Janning gilt als ausgewiesener Experte für die planungsrechtliche Einzelhandelssteuerung in Deutschland. Er war bis 2007 28 Jahre lang hauptamtlicher Beigeordneter der Stadt Rheine. Danach hat er als Rechtsanwalt Städte und Gemeinden sowie Ministerien, Bezirksregierungen, Kammern und auch Handelsverbände bei der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung beraten.

Dr. Janning hat – auf unsere Bitte hin – zum Vorschlag des Büros Dr. Lademann und Partner für die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts eine Stellungnahme verfasst.

Wir zitieren hier das Fazit von Dr. Janning aus seiner Stellungnahme:
Die vorgelegte Untersuchung kann nicht als fundierte Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts von 2017 angesehen werden.
Die Empfehlung, den Ergänzungsstandort an der Itzelstraße durch die Ansiedlung des Herkules-Marktes mit 4.800 qm zu stärken, ist aus städtebaulicher Sicht nicht zu verantworten.
Die Einordnung eines derartigen Projekts in eine solide städtebauliche Konzeption zur Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in Bad Wildungen ist nicht möglich.
Die Untersuchung setzt sich nicht mit den Gründen der Ablehnung der Herkules-Ansiedlung durch das Einzelhandelskonzept 2017 auseinander.
Eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts aus dem Jahr 2017 ist zur Zeit noch nicht notwendig. Gründe für eine sofortige Fortschreibung sind derzeit nicht erkennbar.
Eine Bauleitplanung zugunsten des Herkules Projektes erübrigt sich.“

Sehr verehrte Damen und Herren,

sicher verstehen Sie nach einem solchen Fazit unsere große Besorgnis besser, dass vor allem mit der vom Büro Dr. Lademann & Partner in der Konzeptfortschreibung empfohlenen Ansiedlung des Herkules-Verbrauchermarktes an der Itzel die Innenstadt schwer geschädigt und zudem auch eine wohnortnahe Grundversorgung gefährdet wird.

(…)

Mit freundlichen Grüßen

gez. Peter Goebel
gez. Günter Wackerbarth
gez. Manfred Zinke

zur Kenntnis: Bürgermeister Ralf Gutheil, Vorsitzende der AWWiN Angelika Lötzer


Dr. Heinz Janning
17. Okt. 2021

Stellungnahme
zur Untersuchung „Perspektiven der Einzelhandelsentwicklung in der Stadt Bad Wildungen- Einzelhandels- und Zentrenkonzept“ (Endbericht vom 8.9.2021)

Aufgabenstellung der Untersuchung
Aufgabe der Untersuchung von Dr. Lademann & Partner soll eine „turnusgemäße qualifizierte Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts“ aus dem Jahre 2017 sein, um „unter den aktuellen Gegegebenheiten den planenerischen Rahmen für den Einzelhandelsstandort zu aktualisieren“ (S.1). Zudem soll das Vorhaben der E-Center-Verlagerung von der Odershäuser Straße zur Itzelstraße „konzeptionell eingeordnet“ werden (S. 2).

Keine „turnusgemäße“ Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts von 2017
In der kommunalen Planungspraxis geht man davon aus, dass Einzelhandelskonzepte turnusmäßig alle 5-6 Jahre fortgeschrieben werden sollen, es sei denn, dass aufgrund aktueller Entwicklungen ein strukturprägendes Vorhaben ansteht, das eine frühere Fortschreibung zu seiner konzeptionellen Einordnung erforderlich macht.

Den Herkules-Markt von der Odershäuser Straße an die Itzelstraße zu verlagern und ihn auf dem ehemaligen Molkereigelände beträchtlich zu erweitern, ist aber kein solches aktuelles Vorhaben.

Um dieses Vorhaben ist schon lange Jahre gestritten worden. Die Stadtverordnetenversammlung hat diesen Streit am 4.9.20217 beendet, indem sie das von der cima-Köln erarbeitete Zentrenkonzept mit großer Mehrheit beschloss.

In diesem Konzept von 2017 (Cima-Gutachten 2017, S. 49), ist die Innenstadt von Bad Wildungen als Hauptzentrum und wichtigster Versorgungsstandort für alle nahversorgungsrelevanen und innenstadttypischen Waren festgelegt. Reinhardshausen ist als Nebenzentrum vorgesehen. Der Standort Itzelstraße ist nicht mehr als zentraler Versorgungsbereich für ein Nahversorgungszentrum, sondern nur noch als nahversorgungsrelevanter Ergänzungsstandort definiert worden, der nicht mehr mit weiteren nahversorgungsrelevanten Anbietern ausgebaut werden soll.

Diese klare Absage an das Herkules-Vorhaben an der Itzel ist vor allem mit der notwendigen Rücksichtnahme auf Lebensmittelmarktvorhaben in der Innenstadt und auf die fußläufig erreichbare Versorgung im Nahbereich an der Odershäuser Straße (Cima-Gutachten 2017, S. 48) begründet worden.

Seit Sept. 2017 hat es keine Entwicklungen gegeben, die eine Abkehr von dieser Beschlussfassung zugunsten des Herkules-Vorhabens an der Itzelstraße aus städtebaulicher Sicht rechtfertigen würden Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Das vorliegende Gutachten von Dr. Lademann & Partner (S. 17-20) weist selbst auf die negativen Folgen der Covid 19-Pandemie für den stationären Einzelhandel in den Innenstädten hin. Kritisch wird es insbesondere für den innerstädtischen Einzelhandel mit innenstadttypischen Waren (insb. Bekleidung, Schuhe, Lederwaren, GPK), wie auch auf S. 18 der Untersuchung bestätigt wird. Dieser Einzelhandel ist zunehmend auf die Frequenzbringerfunktion von Lebensmittelmärkten in der Innenstadt angewiesen. Auch die Innenstadt von Bad Wildungen ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen verletzbarer geworden, so dass besondere Vorsicht bei der Ansiedlung von größeren Lebensmittelmarktvorhaben außerhalb der Innenstadt geboten ist. Die zunehmende Zahl von Leerständen in der Innenstadt sollte ein Warnzeichen sein.

Wenn in dieser Situation dennoch eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes mit dem Ziel, das Herkules-Vorhaben „konzeptionell einzuordnen“, bewusst ein anderes Büro als die Cima-Köln beauftragt wird, kann von einer normalen „turnusgemäßen“ Fortschreibung keine Rede sein. Die nun vorgelegte Fortschreibung dient vielmehr erkennbar dazu, das Herkules-Vorhaben an der Itzel als Schlüsselprojekt für eine angeblich zeitgerechte Weiterentwicklung des Einzelhandels in Bad Wildungen hinzustellen und dadurch bauleitplanerisch zu ermöglichen.

Keine „qualifizierte“ Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts von 2017
Die vorliegende Untersuchung erweckt zunächst einmal vom äußeren Anschein her den Eindruck, als gehe es ihr um eine Konzeptfortschreibung, die das gesamtstädtische Interesse an einer guten Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in den Blick nimmt.

Sie stellt umfangreiche empirische Daten für die Einzelhandelsentwicklung in der gesamten Stadt zusammen, die wahrscheinlich korrekt ermittelt wurden und die hier nicht angezweifelt werden sollen.

Die Untersuchung enthält darüber hinaus längere allgemeine Ausführungen, denen überwiegend zugestimmt werden kann.

Dies gilt insbesondere für die Darstellungen der allgemeinen Entwicklungen im Einzelhandel (Kap .2, S. 5-20), der Raumordnerischen Vorgaben für die Einzelhandelsentwicklung (Kap. 3.3, S. 27-28), der Kriterien für die Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche (Kap. 8.1, S. 69-72) und für die allgemeinen Handlungsanleitungen (Kap. 9.1, S. 87-89).

Die konkreten Empfehlungen der Untersuchung stehen dann allerdings teilweise im Gegensatz zu den allgemeinen Ausführungen. Dies gilt insbesondere für die Schlüsselempfehlung, den Bereich an der Itzel als Ergänzungsstandort primär für den großflächigen Einzelhandel mit nahversorgungs-relevanten Sortimenten langfristig zu sichern (S .68) und durch das Herkules-Projekt zusätzlich zu stärken (S. 84).

Diese Empfehlung steht in krassem Gegensatz zu den allgemeinen Ausführungen der Untersuchung (S.14) zu den Entwicklungen im kurzfristigen Bedarfsbereich. Dort heißt es: Größere Lebensmittelanbieter spielen allerdings auch eine wichtige Rolle für Innenstädte sowie für Stadtteil- und Wohngebietszentren durch ihre Funktion als Magnetbetriebe und Frequenzbringer. Vor diesem Hintergrund ist eine Integration dieser Betriebe in gewachsene, integrierte Standorte nach Möglichkeit zu fördern.

Den Ergänzungsstandort an der Itzel durch die Herkules-Ansiedlung weiter auszubauen und den Einzelhandel mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten dort außerhalb der Innenstadt (als Hauptzentrum) und des Ortszentrums Reinhardshausen (als Nebenzentrum) und damit außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche weiter zu konzentrieren, widerspricht offensichtlich dieser zitierten Empfehlung.

Die Untersuchung setzt sich auch nicht weiter inhaltlich mit den Argumenten des Einzelhandelskonzepts von 2017 für die klare Absage an eine solche Entwicklung an der Itzel auseinander, obwohl hier der eigentliche Kern der Auseinandersetzungen zur Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in Bad Wildungen betroffen ist.

Von einer „qualifizierten“ Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts von 2017 kann demnach keine Rede sein.

Keine „konzeptionelle Einordnung“ des Herkules-Vorhabens möglich
1. Bei dem Vorhaben geht es um die Verlagerung des Herkules-Marktes (E-Center) von der Oderhäuser Straße auf das Gelände der ehemaligen Molkerei an der Itzelstraße. Das E-Center soll dabei von derzeit rd. 1.940 m² auf 4.800 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Das Gebäude an der Oderhäuser Straße soll abgerissen werden. Auf dem Gelände sollen Wohnungen gebaut werden.

Die Untersuchung empfiehlt, die an der Itzelstraße bestehende Einzelhandelsagglomeration als fachmarktorientierten Ergänzungsstandort für den großflächigen Einzelhandel mit nahversorgungs-relevanten Sortimenten zu behandeln, ihn langfristig zu sichern und diesen Standort durch das Herkules-Vorhaben zu stärken. In den angrenzenden Lagen sollte die Ansiedlung nicht zentren-relevanter Konzepte geprüft werden (S. 67).

2. Laut Untersuchung soll dieser Standort mit den großflächigen Nahversorgungsbetrieben das vielfältige Angebot der Innenstadt ergänzen. Der gesamte Standortbereich müsse planungsrechtlich auf den neuesten Stand gebracht werden. Mit der weiteren Profilierung dieses Standortbereiches werde „zugleich die Wettbewerbsrelevanz zulasten der Innenstadt ein Stück weit reduziert“ (S. 83). Der Standort stehe in „funktionaler Arbeitsteilung zur Innenstadt. Die beabsichtigte Ansiedlung des Herkules-Marktes auf dem ehemaligen Molkereigelände „würde den Standort zusätzlich stärken und zur Konzentration der Angebote beitragen (S. 84)

Ein konkrete Herleitung dieser Einschätzung fehlt in der Untersuchung. Bei dem Versuch, das Herkules-Vorhaben in das Einzelhandels- und Zentrenkonzept einzuordnen (S. 89), ist nur thesenhaft von einer funktional richtigen Verortung die Rede. Wie die Wettbewerbsrelevanz zulasten der Innenstadt reduziert werden soll, wird nicht ausgeführt. Die Bündelung des neuen E-Centers mit den anderen typähnlichen Angeboten erscheine „zielführend“. Welche Ziele hier gemeint sind, wird nicht offengelegt.

3. Das Vorhaben trage dazu bei, die wohnortnahe Grundversorgung abzusichern und entsprechend heutiger Bedarfe modern aufzustellen. Im Verbund mit den bestehenden ALDI und Lidl-Märkten und dem dm-Drogeriefachmarkt würde ein anziehungsstarker Standort entstehen. Solche Verbundstandorte würden sich bei den Konsumenten aktuell großer Beliebtheit erfreuen.

4. Diese Einschätzung zur Entwicklung eines hochattraktiven Koppelungsstandortes an der Itzel durch die Herkules-Ansiedlung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus plausibel und gut nachvollziehbar. Diese erhöhte Attraktivität des Standortes ist aber in städtebaulicher Hinsicht gerade das Problem. Bei einer Realisierung des Herkules-Vorhabens stünde der Innenstadt die Frequenzbringer-Funktion eines zusätzlichen Lebensmittel-Vollsortimenters nicht mehr zur Verfügung. Zudem würden die dort noch bestehenden Lebensmittelmärkte Umsätze an den Standort Itzelstraße verlieren und dadurch ihre Magnetfunktion für den übrigen Handelsgeschäfte in der Innenstadt einbüßen oder ganz verlieren. Für die Innenstadt ist das Herkules-Vorhaben also eine Gefahr. Eine sinnvolle und funktionierende Arbeitsteilung zwischen der Innenstadt und dem Standort an der Itzel ist eine bloße Illusion.

5. Außerdem ist eine Verschlechterung für eine wohnortnahe Grundversorgung in Bad Wildungen zu befürchten. Die Nahversorgung im Bereich der Odershäuser Straße entfällt nach einer Verlagerung des Herkules-Marktes an die Itzel vollständig. Wie es nach einem neuen E-Center mit 4.800 m² Verkaufsfläche bei einer solch massiven Konzentration der nahversorgungsrelevanten Fachmärkte an der Itzel noch zu der empfohlenen Verbesserung bei der Lebensmittelversorgung in Reinhardshausen oder Altwildungen kommen soll, bleibt unerfindlich.

Mit ihrer Empfehlung will also die Untersuchung suggerieren, dass der durch die Herkules-Ansiedlunh noch weiter aufgerüstete Koppelungsstandort an der Itzel primär nur eine ergänzende und nicht etwa konkurrierende Funktion zur Innenstadt hätte und dass bei einer derartigen Zentralisierung des nahversorgungsrelevanten Einzelhandels mit einer Verbesserung der wohnortnahen Grundversorgung zu rechnen sei.

Weil das Gegenteil der Fall sein würde, hat das von der Cima Köln entwickelte und von der Stadtverordnetenversammlung mit großer Mehrheit am 4.9.2017 beschlossene Einzelhandelskonzept aus vorgenannten Gründen das Herkules-Vorhaben konsequent abgelehnt.

6. Eine Realisierung dieses Vorhabens an der Itzel würde insbesondere zu einer massiven Zentralisierung des nahversorgungsrelevanten Einzelhandels außerhalb der beiden zentralen Versorgungsbereiche von Bad Wildungen führen.

Dies dürfte auch raumordnerisch problematisch sein, weil dadurch wohl gegen das Integrations-gebot des neuen LEP Hessen verstoßen würde. Danach dürfen Sondergebiete für den großflächigen Einzelhandel grundsätzlich nur an städtebaulich integrierten Standorten festgesetzt werden.

In NRW ist bei Einzelhandelsgroßprojekten mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Haupt-sortimenten grundsätzlich eine Lage in einem zentralen Versorgungsbereich erforderlich. In Hessen gibt es diese strenge Anbindung des Integrationsgebotes an die zentralen Versorgungsbereiche dem Wortlaut des neuen LEP nach zwar nicht.

Nach meiner überschläglichen Einschätzung dürfte der Standortbereich an der Itzelstraße aber auch nach dem hessischen LEP nicht als integrierter und wohl auch nicht als teilintegrierter Standort angesehen werden.

Bei der notwendigen Analyse der raumordnerischen Verträglichkeit des Planvorhabens muss neben der Einhaltung des Integrationsgebotes auch die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbotes vor allem im Hinblick auf die Innenstadt geprüft werden.

Ob bereits eine raumordnerische Stellungnahme der Bezirksregierung zur Bauleitplanung für das Herkules-Projekt vorliegt, ist mir nicht bekannt.

7. Aus alledem ergibt sich, dass eine “konzeptionelle Einordnung“ des Herkules-Vorhabens aus städtebaulicher und raumordnerischer Sicht nicht möglich ist. Der Versuch einer solchen Einordnung ist zum Scheitern verurteilt.

8. Sehr bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Untersuchung auf S. 89: „Ob das Vorhabenkonzept des Vorhabenträgers auch städtebaulich und raumordnerisch als verträglich zu bezeichnen ist, ist noch über einen gesonderten Nachweis (=Verträglichkeitsanylyse) zu führen“.

Die Empfehlung in einem Einzelhandelskonzept zugunsten eines Vorhabens, dessen raum-ordnerische und städtebauliche Verträglichkeit erst noch untersucht werden muss, ist mehr als ungewöhnlich.

Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass es der Untersuchung nicht um ein solides Gesamtkonzept für die Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in Bad Wildungen geht, sondern dass es primär darum geht, das Herkules-Vorhaben im Rahmen einer angeblichen Fortschreibung des Gesamtkonzepts doch noch irgendwie planerisch zu ermöglichen, ohne sich dabei mit den Gründen für die damalige Ablehnung im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes von 2017 inhaltlich auseinanderzusetzen.

Fazit

Die vorgelegte Untersuchung kann nicht als fundierte Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts von 2017 angesehen werden.

Die Empfehlung, den Ergänzungsstandort an der Itzelstraße durch die Ansiedlung des Herkules-Marktes mit 4.800 m² Verkaufsfläche zu stärken, ist aus städtebaulicher Sicht nicht zu verantworten. Die Einordnung eines derartigen Projektes in eine solide städtebauliche Konzeption zur Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in Bad Wildungen ist nicht möglich.

Die Untersuchung setzt sich nicht mit den Gründen der Ablehnung der Herkules-Ansiedlung an der Itzel durch das Einzelhandelskonzept 2017 auseinander.

Eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts aus dem Jahre 2017 ist zur Zeit noch nicht notwendig. Städtebauliche Gründe für eine sofortige Fortschreibung sind derzeit nicht erkennbar.

Eine Bauleitplanung zugunsten des Herkules-Projektes erübrigt sich.

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