Im vierzehnten von fünfzehn Punkten stand wieder einmal der Sachstandsbericht zur Entwicklung des Kurhauses auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. In der August-Sitzung hatte Bürgermeister Ralf Gutheil für diese Sitzung eine Bilderschau von einer Begehung durch Magistratsmitglieder in jüngster Zeit angekündigt. Vermutlich waren einige der Zuschauer deswegen gekommen.
Einleitend begründete das Stadtoberhaupt den Entschluss für die Fotoserie mit der Feststellung, es gebe ja immer noch viele Wildungerinnen und Wildunger, die sich für den Erhalt des Neuen Kurhauses einsetzten.
Während der sich wiederholenden Diashow der etwa einem Dutzend Bilder auf der großen Leinwand erläuterte sie der Rathauschef: Das Gebäude habe durch Wasser- und Vandalismusschäden gelitten, der gezeigte Sicherungskasten für die Elektrotechnik sei völlig veraltet, deren Erneuerung würde allein schon Hunderttausende verschlingen, zerbrochene Fensterscheiben sind notdürftig wasser- und winddicht hergerichtet, die noch sehr dekorativen Stühle seien in Wirklichkeit marode, aus einer Zimmerdecke war ein größeres Stück Putz herausgebrochen. „Man kann nicht mehr rein, weil die Gefahr besteht, dass einem etwas auf den Kopf fällt“, fasste der Bürgermeister seinen Eindruck zusammen. Für die nähere Zukunft, etwa Ende September oder Oktober, seien konkrete Beratungen mit Investoren zu erwarten, da ja drei „Letter of Intend“ vorlägen.
Kommentar: Mit heutigen Digitalkameras lassen sich in einer Stunde spielend hunderte von Aufnahmen machen. Von dieser Besichtigung wird es von den zig Räumlichkeiten des Neuen Kurhauses folglich wohl mehr als die gezeigten Bilder geben. Also wurde wahrscheinlich eine Auswahl getroffen, die sich auf die Schäden konzentriert, um die Befürworter des Erhalts von ihrer Überzeugung abzubringen. Es bleibt zu fragen, ob es keine Aufnahmen von kaum oder gar nicht schadhaften Zuständen in den Räumlichkeiten des Kurhauses gibt. Allein die einseitige Auswahl könnte – nach Leonardo da Vincis Motto „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ – nach geschickter Manipulation aussehen.
Vor wenigen Jahren, als die CDU mit Marc Vaupel leidenschaftlich für die Wiederinbetriebnahme des Kurhauses plädierte, gab es gutachterlich fundierte Zahlen, was das denn kosten würde. Gibt es zwischenzeitlich neue Zahlen oder nur die paar schlechten Fotos von ein paar schlechten Ecken des Kurhauses? Worauf gründet sich denn die Aussage des Bürgermeisters, dass das Kurhaus nicht zu retten sei? Ein schlechter Witz, wenn es diese Negativauswahl wäre!
Das könnte doch nur ein professionell erstelltes Gutachten über die Bausubstanz beantworten. Wozu überhaupt diese Show, wo doch die Mehrheit des Parlaments das Schicksal des Neuen Kurhauses längst beschlossen hat?
Ist es ein billiger Versuch, die (leider, leider) noch immer nicht realisierte Beseitigung des Denkmals kollektiver Unfähigkeit zu rechtfertigen? Die „erläuternden“ Worte des Bürgermeisters an die Adresse der Kurhausbefürworter stellen eigentlich eine Provokation und Verhöhnung derer dar, die sich über Jahre für den Erhalt und kulturelle Nutzung dieser wertvollen Immobilie eingesetzt haben.
Verwunderlich ist es, dass keine der Fraktionen die fragwürdige Methode des Bürgermeisters kritisiert hat, dass nur solche Fotos präsentiert wurden, die den Zweck heiligen. Das ist ganz klar Manipulation.
Doch wen wollte man manipulieren? Diese 4 Kurhausoppositionellen im Parlament? Um auf 100% zu kommen? Oder schwingt da noch ein kleines Restchen an Skrupel mit bei der Beseitigung dieses Mahnmals der Unfähigkeit vergangener Stadtpolitik? Skrupel, nicht in das letzte Gutachten reinzuschauen oder den Verkehrswert bestimmen zu lassen, damit man wenigstens weiß, wie hoch der Wert ist, den man vernichten möchte?
Georg Wackerbarth, CDU, hat es sinngemäß so ausgedrückt: Ein privater Besitzer hätte eine solche Immobilie niemals so herunterkommen lassen. Dem ist wohl kaum etwas hinzuzufügen.