Die Linke: Welches sind die Ziele im Haushalt 2021?

"Die Stadtpolitik muss Ziele setzen können." (Foto: paz-online.de)

Corona-bedingt werden die Diskussionsbeiträge der Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung zum städtischen Haushaltsentwurf für 2021 diesmal nur schriftlich vorgetragen.

„Der Wildunger Haushalt wurde auch in diesem Jahr nur in Papierform zur Diskussion vorgestellt. Das macht es nicht einfacher für die ehrenamtlichen Stadtverordneten, sich die Inhalte zu erschließen – ganz zu schweigen davon, sich darüber zu beraten.

LINKE-Fraktionsvorsitzende Regina Prexsing (Foto: pr)

Unsere Kritik am neuen Haushaltsentwurf hat 5 Aspekte:

  1. Es ist wieder versäumt worden, dem Haushalt ein Ziel oder mehrere Teilziele voranzustellen, welches mit dem ganzen Verwaltungsaufwand der Stadt verfolgt werden soll, und das sich aus Entwicklungszielen der Stadtpolitik ergibt: Was die Stadt sein wird, jetzt und in Zukunft – woher die Einnahmen der Stadt kommen sollen, wofür das Geld ausgegeben werden wird…. Ach ja, an einem solchen Konzept arbeitet man ja in der Stadtverwaltung. Aber wegen Corona können wir es den Bürgern und Stadtverordneten nicht vorstellen… 100 Seiten Haushalt, aber kein Geld für 10 Seiten Information für alle Bürger? Oder für eine Website mit Kommentarmöglichkeit? Oder ein „Webinar“ für alle Interessierten, das aufgenommen wird für späteres Ansehen? Scheint ja nicht so wichtig zu sein…
    Natürlich müssen der Bauhof und die Feuerwehr funktionieren, und die Kinder der Wildunger Eltern sollen gut in den Kitas betreut werden. Aber welche Ziele werden mit den ausgewählten Investitionen langfristig verfolgt? Warum werden die Anträge der Ortsteile dabei nicht berücksichtigt – und wie wirken sich die aktuellen Investitionen auf die zukünftigen Erträge der Stadt aus? Gibt es hier einen Zusammenhang oder nicht? Und wenn nicht – ist das dann nicht ein großes Manko der Verwaltung , dass sie nicht dafür sorgen kann, dass ihre Investitionen von heute morgen noch eine Rolle spielen? Warum braucht man 70.000 Euro für bewegliche Güter im Rathaus? Muss man das Rathaus noch besser erschließen für 40.000 Euro? Müssen unbedingt für 30.000 Euro weitere barrierefreie Zugänge im Kurpark eingerichtet werden? Wären stadteigene Planer nicht besser als Externe, die sich hier nicht auskennen, und die viel teurer sind? Können nicht auch Hochschulen und studentische Arbeiten an unseren Planungen für die Altstadt beteiligt sein – haben wir nicht schon zu viel geplant und zu wenig draus gemacht?
  1. Die Anteile der Anträge aus der Stadtverordnetenversammlung und den Ortsbeiräten an den Investitionen sind nicht im Haushalt zu erkennen – das wäre doch leicht zu verbessern und würde der Nachverfolgung von reiner „Erhaltungsverwaltung“ und „Umsetzung von politischem Willen“ im Wildunger Haushalt sehr dienen. Dieses große Dokument soll ein Steuerungsinstrument sein – dann muss man es auch bedienen können, auch wenn man einfacher ehrenamtlicher Kommunalpolitiker ist. Das wäre auch ein guter Schutz gegen pauschale Spar-Angriffe von der Seite der marktgläubigen Anhänger von Privatem Gewinn anstelle öffentlichen Eigentums zum Nutzen Aller.

Deshalb bewerten wir den Haushalt als Versuch, den Bürgern nicht zeigen zu wollen, was mit ihrem Steuergeld passiert, und was sie dafür von der Stadtverwaltung, die sie ja ebenfalls bezahlen, zurück bekommen. So, wie es auch den Stadtpolitikern sehr schwer gemacht wird, zu kontrollieren, ob ihre Beschlüsse auch in den Investitionen der Stadt umgesetzt werden. Das ist in Zeiten von Digitalisierung, „Industrie 4.0“ und „Big Data“ in der Wirtschaft ein untragbarer Umstand.

  1. Es wird behauptet, dass die Stadt keine Aufgaben außer den Pflichtaufgaben übernehmen kann, weil der Haushalt nur durch Rückgriff auf die Rücklagen ausgeglichen werden kann. Während derselbe Umstand, nur in einer viel größeren Dimension, im Haushalt des Eigenbetriebs „Staatsbad Bad Reinhardsquelle“ als völlig in Ordnung gilt und als Basis für ein „weiter so“ angesehen wird, wird beim städtischen Haushalt so getan, als wäre es ungewöhnlich, dass man in schlechten Zeiten das Ersparte aus den guten Zeiten nutzt. Was schlecht ist, ist jedoch die Tatsache, dass es keinerlei Anstrengungen gibt, dieses Ersparte zu nutzen, um durch Ausweitung von Investitionstätigkeiten neue Einnahmequellen zu erschließen und dadurch der Stadt entgangene und im kommenden und wohl auch den folgenden Jahren entgehende Einnahmen auszugleichen. Wir lehnen ab, dass die Stadtverwaltung mit Begründung auf die Haushaltslage bereits bewilligte Investitionen nun nicht tätigt – insbesondere in den Ortsteilen, die schon lange auf teils sehr kleine Verbesserungen und Ausbesserungsarbeiten warten. Wir emfinden dies auch als eine Herabwürdigung der Arbeit der Ortsbeiräte – sie zu Bittstellern zu machen, und dann die Versprechen nicht einzuhalten. Das geht so nicht – da braucht man sich nicht zu wundern, dass die Suche nach interessierten Mitmachern in den Ortsbeiräten aufwendig ist. Das alles auch noch vor der Hintergrund, dass der Tourismus in Bad Wildungen nicht schlecht von den Ortsteilen lebt. Aber auch das sieht man ja im Haushalt nicht, welche Rolle der Tourismus in Bad Wildungen spielt…
  1. Es wird mit den Planungen des neuen Heloponte in der Form eines Familienbades eine große Investition vorgesehen, die zur Folge haben wird, dass nach der Inbetriebnahme eine permanente Finanzierungslücke von ca. 2 Millionen Euro in den Haushalten der folgenden mindestens 20 Jahre auftreten wird. Und dies, ohne heute dafür zu sorgen, dass die Einnahmequellen der Stadt sich verbessern. Das halten wir für eine Vogel-Strauß-Politik: den Kopf in den Sand stecken und ignorieren, was ringsum passiert. Mit der Sicherheit, dass die nachfolgende Generation wieder ein Problem mit dem Bad bekommt – 5 % des heutigen Haushalts der Stadt als ungedeckte Kosten für das Bad. Deshalb lehnen wir dieses Vorhaben und die Mittel dafür im Haushalt als glatte Fehlinvestition ab.

Beim Vorschlag für das neue kommunale Förderprogramm der Stadt das gleiche Vorgehen – statt dass man Investitionsmittel bündelt, Sachverstand beauftragt und Stadtentwicklung als städtische Organisation betreibt, werden mit dem städtischen „Förderprogramm“ ganz unsteuerbar für das Parlament, intransparent sowie ohne Kriterien an Empfänger oder Vorhaben Gelder verteilt für eine Vielzahl von möglichen privaten Investitionen in Häusern, Wohnungen und Geschäften. Das ist rausgeschmissenes Geld – 60.000 Euro für 2021, die besser in ein Jahresgehalt eines kompetenten Stadtplaners investiert wären, auch wenn das sicher noch nicht ausreichen würde. Die Zustimmung dazu werden wir nicht geben.

  1. Was fehlt an Investition: ein Wohnungsbauprogramm. Und zwar mit dem Ziel, einerseits die Menge Wohnungen für Normalverdiener und Senioren, und zwar für Rentner, zu erhöhen, und andererseits damit auch für eine höhere Einwohnerzahl in der Stadt zu sorgen – die Einwohner selbst sind eine langfristige Einnahmequelle der Stadt durch die Schlüsselzuweisungen. Ohne höhere Wohnraumkapazität werden die Wohnverhältnisse in der Stadt schlechter werden – weil bewohnte Wohnungen nicht saniert werden können, und weil nicht sanierte Wohnungen irgendwann nicht mehr gut sind. Bad Wildungen hat heute schon viele billige Wohnungen in sehr schlechtem, weil sehr lange nicht saniertem Zustand, und zu wenige Wohnungen, die noch frei sind. Junge Krankenpfleger oder neue Ärzte, Berufsanfänger in anderen Bereichen, aber auch die vielen Menschen in den Dienstleistungsberufen rund um Kliniken und Gastgewerbe haben nicht die Einkommen für den Häuslebau. Deshalb muss Bad Wildungen unbedingt in den Wohnungsbau investieren – nach sozialen Gesichtspunkten, auf die Zukunft einer wachsenden Einwohnerschaft ausgerichtet, und um Kapazitäten für die Sanierung der in die Jahre gekommenen Wildunger Wohnhäuser zu schaffen. Die Nutzung großer leerstehender Gebäudekomplexe bietet sich hier an. Aber auch neu erworbene große Flächen der Stadt, z. B. in Reinhardshausen, können mit größeren städtischen Wohnhäusern bebaut werden. Wer in eine gute, preiswerte Wohnung ziehen kann, wird die schlechtere zum gleichen Preis gern verlassen. So würde die Stadt den Wohnungsmarkt positiv beeinflussen. Der Markt allein richtet es nicht. Eine Stadt mit einer großen Rücklage und einer noch höheren Kreditwürdigkeit wie Bad Wildungen kann das. Zum Wohle ihrer Einwohnerinnen und Einwohner, auch der zukünftigen. Das wäre eine gute Investition, die die Zukunft der Stadt sichert, anstatt sie zu gefährden. Und man könnte auch das Ergebnis ablesen am Stand der Einwohnerzahl und an der Höhe der Mieten in der Stadt. Und es wäre ein Beitrag zur Sicherung städtischer Einnahmen.

Unser Dank gilt den Mitarbeitern, die dieses Zahlenwerk aufgestellt haben.

Unser Appell geht an den Magistrat und den Bürgermeister, endlich Entwicklungsziele für die Stadt zu formulieren, die im Haushalt dargestellt werden und deren Umsetzung und Wirksamkeit geprüft werden kann. Damit nicht einfach nur jedes bundes- oder landesweite Förderprogramm hektische Aktionen auslöst, ohne eine wirkliche Verbesserung der Lebensumwelt in Bad Wildungen zu bewirken. Fokussierung auf die wichtigen Aufgaben geht nur, wenn es Ziele gibt. Und das wird vielleicht nötig werden, wenn Gelder knapper werden.

Wir müssen in die Einwohner, die Einnahmequellen der Zukunft, jetzt investieren, mit den Mitteln die wir haben.

Die Stadtpolitik muss Ziele setzen können. Und die Verwaltung muss die Umsetzung und die Ergebnisse beschlossener Maßnahmen zu diesen Zielen zugeordnet darstellen. Damit wird lenkende Politik möglich, und die Arbeit von Stadtverordneten und Ortsbeiräten bekommt mehr Sinn, weil wirkliches Gestalten möglich wird. Damit Demokratie er-lebbar wird, auch in der Stadtpolitik.“

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2 Kommentare

  1. Sich Ziele setzen, dies ist die Grundvoraussetzung dafür, das die Stadtentwicklung auch im Sinne der Stadt, im Sinne ihrer Bürgerinnen und Bürger, verläuft. Ohne Ziele verläuft jede Entwicklung letztendlich immer planlos.

    Eine Stadtentwicklung zu betreiben, die darauf gründet: Mal sehen was da kommt, und wer da kommt, und der kommt, der muss sich erst einmal beweisen, dass er den Anforderungen eines „Weltbades“ wie Bad Wildungen gerecht wird. Diese Zeiten sind doch schon lange vorbei. Ich weiß, so ist es heute in Bad Wildungen nicht mehr, doch so kommt es bei vielen Initiatoren und Investoren immer noch rüber.

    Heute sollte eine Stadt um Initiatoren und Investoren werben – sie regelrecht umschmeicheln – ihnen den roten Teppich auslegen.

    Jedoch sollte sich eine Stadt ihnen niemals anbiedern.

    Diese Art der Werben, sie muss eine klare Aussage haben – die im Sinne einer positiven Stadtentwicklung, somit die formulierten und Ziele und gesteckten Zielsetzungen der Stadt beschreiben.

    In einer Zeit des Wandels, wo sich viele Dinge und Gewohnheiten ändern werden, sind die Städte und Kommunen i. d. R. der Zeit immer einen Schritt voraus, die entsprechend der Zeitenwende, klare Ziele und Zielsetzungen, die auf neuen Ideen und Konzepten gründen, formulieren.

    Wer heute immer noch eine Stadtpolitik betreibt, die nur auf den Erhalt und der Verbesserung des Ist-Zustandes fußt, wird es ganz schwer haben, wenn überhaupt, eine dynamische Stadtentwicklung (wie in alten Zeiten) in Gang zu bringen.

    Das wissen wir heute doch – das hat uns die Geschichte immer wieder gezeigt: Wirklich neue Arbeitsprozesse, neue Verfahren, Systeme, Projekte und Technologien, mit neuen Einkommensquellen, werden in einer Zeit des Wandels letztendlich von kreativen Machern, Träumern, Künstlern, Schöpfern neuer Ideen, Visionären, Menschen die über den Tellerrand hinaus schauen, Profis ihres Fachs, verbunden dem unerschütterlichen Glauben an die Kraft der Idee, hervorgebracht.

    Um diese Menschen sollte sich eine Stadt bemühen, sie zusammenführen, ihnen ein öffentliches Podium, einen Raum für die Gestaltung zukünftiger Städte mit zukunftsweisenden Technologien, geben.

    Nennen wir es mal ein „Visionum“.

    Das schafft Zukunft – insbesondere mediale Aufmerksamkeit für Initiatoren und Investoren.

    • Liebe Wildunger, sehen Sie: so werden Sie von der Verwaltung und dem Bürgermeister an der Nase rumgefuehrt. 30000,EU für barr. Zug. Wer ist der Sachbearbeiter? Planung für die Altstadt, dass ich nicht lachen muss. Wie man sowas machen kann, ist doch ganz einfach, aber da wird das Geld rausgeschmissen für puren Unsinn. Stehen denn die Ortsraete nicht mal auf, oder schlafen die? Euer Spaßbad Helo2, da habe ich dem Bürgermeister vor etlichen Wochen mitgeteilt, wie das ins Chaos führt, leider keine Antwort. Von der Verwaltung bekommt man auch keine Antworten, ich vermute da gibt es einiges an Geschmäckle, die der Bürger nicht erfahren soll. Wer kontrolliert den Haushalt 2020? Was ist das städtische Förderprogram? Wohnungsbau Programm gibts in BW nicht. Ich möchte gerne eine Spezial-Klinik nach BW aus der Schweiz. Eine der ersten Fragen war: gibt es Wohnungen und Häuser für unsere 70 bis 80 Spezialisten? Ich konnte den doch nicht sagen, sie werden alle in Zelten untergebracht. Das fürs erste. MFG ROBERT MULLER.

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