Kolumne: Eigentlich gut für mindestens drei Vorhänge

Zum schluss bräuchte es eben Applaus

Coburger Landestheater. Foto: Andreas Praefcke - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4007850

Wenn mal wieder jemand in meinem Bekanntenkreis behaupten sollte, Deutschland befände sich in einer Krise der Demokratie, dann empfehle ich ihm – oder auch ihr – dringend, das Stadtparlament zu besuchen. Es kann natürlich auch ein Gemeindeparlament sein. Diese Parlamente haben zwar gesetzlich so sperrige Namen wie Stadtverordnetenversammlung und Gemeindevertretung, aber hier kann man sozusagen den Pulsschlag unserer parlamentarischen Demokratie spüren.

Da kann man quasi Theater live und bei freiem Eintritt erleben: Die Dramaturgie wird von der beschlossenen Tagesordnung bestimmt. Die steht ein paar Tage vor der Sitzung in der Zeitung (übrigens wenn möglich auch bei uns). Die meisten „Darsteller“ sind ehrenamtlich tätig und opfern für ein bisschen Aufwandsentschädigung einen Teil ihrer kostbaren Freizeit. Es gibt auch einen „Regisseur“, der in der Stadtverordnetenversammlung „Vorsteher“ und in der Gemeindevertretung „Vorsitzender“ heißt.

Das Wort Parlament stammt ja aus dem Französischen und bedeutet reden oder sprechen. Im Gegensatz zu manchen der banalen Talkshows im Fernsehen geht es hier unterhaltsam und oft spannend, auch manchmal humorvoll zu. Vor Beschlüssen gibt es manche temperamentvolle Debatte und es werden schon mal Zusatzanträge improvisiert, Formulierungen verfeinert, Vermutungen entrüstet zurückgewiesen, oder als Bekräftigung einer behaupteten Dringlichkeit – wie letztens beim Thema Heloponte – zur Belustigung der Versammlung Anekdoten aus dem eigenen Leben angeführt.

Bei bis zu 16 Tagesordnungspunkten kann so ein Abend zwar abwechslungsreich, aber auch sehr lang werden. Denn wenn dann schließlich der Vorsteher oder Vorsitzende das Ende der Versammlung feststellt und die Darsteller ihre Papiere einpacken, dann darf man auch das halbe oder viertel Hundert geduldige Zuhörer bewundern, die ja als oftmals Betroffene geduldig ausgeharrt haben. Aber wie nach einer gelungenen Vorstellung hätten die Darsteller Applaus und mindestens drei Vorhänge verdient.

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