Zum Antrag „Nicht verkaufen“: Die Begründung

Im Stadtparlament am 4.11.2018 von Regina Preysing vorgetragen

Weg vom Fenster: Die Ansichtsfront des von dem Investor Eymaxx seinerzeit geplanten Hotels auf dem Kurhaus-Areal an der Langemarck-Straße. Foto: Archiv/M. Zimmermann

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die Redaktion dokumentiert diesen vielleicht letzten öffentlichen Diskussionsbeitrag zur Zukunft des Kurhaus-Areals. Wie zu erwarten war ging der dazugehörende Antrag in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung mit Pauken und Trompeten unter. Walter Mombrei, SPD, unterstellte der Antragstellerin in Bezug auf gefasste Beschlüsse undemokratisches Verhalten. Uwe Gimpel, CDU, fand es unerhört, dass sich Frau Preysing mit dieser Forderung angeblich gegen Parlamentsbeschlüsse stelle, und meinte, dass man das Kurhaus doch nun endlich nach 17 Jahren loswerden müsse. Der Witz ist aber: Es gibt noch keinen Beschluss des Stadtparlaments, das Gelände zu verkaufen. Es gibt ja nur einen beschlossenen Bebauungsplan!

Zum Antrag: Das Kurhausgelände nicht an die eyemaxx real estate AG oder Investoren mit einem ähnlichen Geschäftsmodell verkaufen.

„Im § 1 der HGO – Wesen und Rechtsstellung der Gemeinde – steht:
(1) 1Die Gemeinde ist die Grundlage des demokratischen Staates. 2Sie fördert das Wohl ihrer Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe.

… wird dies mit dem geplanten Verkauf des Kurhausgeländes an die eyemaxx real estate AG erfüllt? Dies scheint mir nicht so zu sein.
1. An wen wird verkauft?
Die eyemaxx Real Estate AG mit Sitz in Aschaffenburg gehört im wesentlichen österreichischen Millionären, die mit Immobilien und mit Geld handeln – dem größten Einzelaktionär Johann Kowar gehört z.B. eine österreichische Privatbank. Erfahrung hat die eyemaxx Real Estate AG vor allem mit der Entwicklung von Einzelhandelsprojekten in Osteuropa – Einkaufsmärkten auf der grünen Wiese. Sie beginnt in diesem Jahr mit Hotelimmobilien und Häusern für spezielle Wohnformen wie sogenanntes serviced living (möblierte Appartements für Geschäftsleute). Ziel ist bei diesen Vorhaben der Weiterverkauf der Immobilien und Projekte, am besten noch vor dem jeweiligen Baubeginn.
Damit ist völlig offen, wer am Ende was bauen wird auf unserem Kurhausgelände.
Was bei so einem Mehrfachverkauf während der Planungs- und Bauphase herauskommt, können wir jeden Tag mit der Fürstengalerie bewundern!
2. Was soll gebaut werden?
Gebaut wird erst einmal nichts, sondern zuerst wird abgerissen – alles was zur Zeit auf dem Kurhausgelände steht. Mal sehen, wie viele Bäume das dann überleben…. Ob und wie der Abriß der Kurhaussäle, die massive Betonbauten sind, Risiken birgt zum Beispiel für die Statik der Tiefgarage, oder für die Kosten, kann man nicht einschätzen. Ob dem Investor diese Problematik bereits hinreichend bekannt ist, wissen wir nicht. Muß ihn auch nicht interessieren, wenn er vor Baubeginn verkaufen kann…
Die entstehende Lärm- und Staubbelastung über mehrere Jahre für die umliegenden Hotels und Kliniken wird sicher bei denen nicht zu Begeisterung führen.
Was wirklich gebaut wird, werden wir erst nach Abschluss der Bauphase wissen. Sicher ist, dass es sich nicht um die dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen handeln wird, sondern um lukrative Geldanlagen – zumindest auf dem Papier der Börsen- und Verkaufsprospekte der eyemaxx Real Estate AG!

3. Mit wem verhandeln wir zur Zeit – haben wir dadurch Einfluss auf das Ergebnis?
Die Firma plannquadrat GmbH ist zur Zeit der Verhandlungspartner der Stadt. Allerdings ist die Verhandlung sehr einseitig – eher hat Frau Dnrec-Schmitt Verwaltung und Planungsausschuss vorgestellt, was sie gern hätte. Diese Forderungen waren bisher stets alternativlos. Vergeblich haben Denkmalschutz und sachkundige Wildunger Einwohner Einwände und Vorschläge vorgebracht.
Schaut man sich an, welche Dienstleistungen die plannquadrat ausführt, wird auch klar warum das so ist: Geschäftszweck der plannquadrat gmbh sind: „Klärung planungsrechtlicher Rahmenbedingungen, Erstellen von Nutzungskonzepten, Beraten von Investoren und Vertreten des Investoreninteresses in der Bauleitplanungsphase“. Das haben sie wunderbar gemacht – der Bebauungsplan erlaubt jetzt sehr schöne große Bauvolumen und 13 Meter hohe Mauern bis dicht an die Straße. Es gibt schön viel bebaubare Fläche für die lukrativen Immobilien! Da freuen sich Herr Müller und Herr Kowar von der eyemaxx real estate AG und wir hoffen, dass sie es gut bezahlt haben, dass Frau Drnec-Schmitt so hartnäckig geblieben ist. Vergeblich alle Argumente von Architekten und Stadtverordneten ….
4. Dient das mögliche Ergebnis mehr dem Wohl der Einwohner als der Status Quo?
Zur Zeit bietet selbst das geschlossene Kurhaus mit seiner Architektur einen Eindruck von Kurort, auch wenn das Haus nicht mehr sehr gepflegt aussieht. Die Kurhaussäle sind immer noch sanierbar, das Ambiente und die Akustik ergeben sich aus ihrer Form und Gestaltung – das geht nicht verloren durch ein bisschen Wasser aus dem undichten Dach!
Das vorgesehene Hotel sollte, wenn die Kurhaussäle wegfallen, wenigstens für Veranstaltungen genutzt werden können. Der Bürgersaal im alten Feuerwehrhaus ist schließlich immer noch nicht ersetzt worden, wie dazumal versprochen.
Kulturelle Veranstaltungen jeder Art waren im Kurhaus sehr gut aufgehoben. Diese Räume fehlen zur Zeit und damit eine wichtige touristische Attraktion für die Stadt.
In der ersten Vorstellung des vorgesehenen Hotelbetreibers Brendal Group war die Rede von einem 500 qm großen Saal für „Events“. In der letzten Informationsveranstaltung hörte sich das jedoch ganz anders an: die 500 qm sind jetzt inklusive der Hotellobby. Der Saal wird angepriesen, dass darin sogar 10 Tische für je 10 Personen aufgestellt werden können, das wäre doch eine schöne private Silvesterfeier … Kultur, Kongresse oder Messe-Veranstaltungen sind also Fehlanzeige in dem neuen Hotel!
Der Hotelbetreiber Brendal Group setzt voll auf Geschäftsreisende und Tagungsgäste. Darüber hinaus sollen auch Gäste, die „wegen Gesundheit“ nach Bad Wildungen kommen, in dem neuen Hotel übernachten können. Ein eigenes Konzept, wie touristische Gäste angesprochen werden sollen, ist explizit nicht geplant – also ist der Plan hier: nur abgreifen, was andere akquirieren!
Meine lieben Stadtverordneten – selbst wenn es der Brendal Group gelingen sollte, Tagungen in großer Zahl in dem Hotel auszurichten – Geschäftsreisende zahlen keine Kurtaxe und gehen auch nicht in der Stadt in Geschäfte oder Restaurants. Wenn das Hotel nicht gerade große Gewinne macht, ist es für die Stadt keine Einnahmequelle. Mit dem Trittbrettfahrerverhalten bei touristischen Gästen gefährdet es sogar bestehende Häuser. Eine mögliche Schließung des Maritim möchte ich hier nicht diskutieren!
Die Stadt verliert mit den Kurhaussälen ein potentielles, sehr besonderes touristisches Alleinstellungsmerkmal, und gewinnt nichts, das für die touristische Entwicklung, den Gesundheitsstandort oder den Haushalt langfristig positiv bedeutsam wäre!
5. Schlussfolgerung und Handlungsaufforderung
Bad Wildungen braucht Alleinstellungsmerkmale für die Weiterentwicklung als Tourismus-Standort, da sind sich die Experten einig.
Kosten von 100 000 oder 200 000 € jährlich als Zuschuss für eine Kultureinrichtung kann eine Stadt mit 20 Mio € im Säckel gut verkraften.
Mut zur Veränderung ist gut. Mich erinnert die Situation allerdings eher an Hans im Glück. Wir haben ein Goldstück, aber wir wissen damit nichts Rechtes anzufangen. Zufällig aufgetauchte Händler, die nur ihren eigenen Vorteil im Sinn haben, bieten uns dafür einen Haufen Steine. Der ist aber nutzlos für die Stadt.
Ich rufe Sie daher auf: Überprüfen Sie Ihre Haltung zu Ihrer Stadt – soll Bad Wildungen ein kleines Provinzstädtchen werden? Verkaufen Sie das Kurhausgelände nicht an Investoren, die die Weiterentwicklung des Kurorts nicht befördern!
Noch ein Zitat aus der Begründung für den neuen Bebauungsplan: „Mit der Änderung des Planungsrechts ist vorgesehen, ein Signal zur weiteren Entwicklung des Kurgebiets der Kernstadt zu setzen….“ … Mit Eyemaxx geht dieses Signal auf Rot, das Kurhausareal wird die Endstation für den Kurort Bad Wildungen.
Die Stadt sollte die Kurhaussäle behalten und sie sanieren statt abreißen. Kultur für den Kurort statt Rendite für Aktionäre!“

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1 Kommentar

  1. zu Zum Antrag „Nicht verkaufen“: Die Begründung: Kritik zu üben, Ansichten und Konzepte vorzustellen die andere finanzieren sollen, dies ist vielleicht populär, schafft aber keine Realitäten.

    Dieses einmalige Objekt „Neues Kurhaus“ sollte (europaweit) in einen Verwertungs-Wettbewerb geführt werden?

    Dann kann und wird sich zeigen, was machbar ist, mit welchem Konzept das Gebäude neu belebt werden und gleichzeitig die Stadt nach vorn bringen könnte – welche Zukunftsperspektiven die Stadt hat bzw. bekommen könnte.

    Der Zug scheint mir hierfür leider schon abgefahren zu sein.

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