„Jeder hat das Recht…“ – auch auf Irrtum.

Ist ein unglaublich skandalöser Kommentar Absicht oder Irrtum?

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Darf ein geradezu hetzerischer Kommentar so stehen bleiben?

Schon die alten Römer sagten, natürlich auf Latein: „ERRARE HUMANUM EST“, zu Deutsch: Irren ist menschlich. Und wer glaubt, das Wort Demokratie schreiben zu können, könnte sich irren wenn er/sie meint, ein Demokrat zu sein (und sich demokratisch zu verhalten). Der Begriff wurde und wird auch ja oft genug missbraucht. Darüber gibt es endlos lange Buchregale voll mit historischen, politologischen und sozialphilosophischen Abhandlungen. Hier soll keine neue entstehen.

Es gibt aber einen konkreten Anlass für ein paar Anmerkungen, den uns ein Kommentator geboten hat, der in der Überschrift seiner Ausführungen das Wort Demokratie nutzt. Insofern ist diesmal unser angesprochener Leserkreis leider auf den Radius der Waldeckischen Landeszeitung/WLZ begrenzt.
Zu den in unserem Grundgesetz (GG) genannten und allgemein respektierten Grundrechten gehört das Recht der Meinungsfreiheit. In diesem Fall sind die beiden ersten Absätze von Artikel 5 ausschlaggebend:

„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. …“

Der Kommentator hat also im Rahmen der Pressefreiheit die Freiheit der Meinungsäußerung genutzt. Und wozu? Er unterstellt drei in der Bürgerversammlung am 24.10.18 anwesenden Personen, die hoffen, dass ein formal korrekt zustande gekommener Beschluss des Stadtparlaments wieder korrigiert werden könnte, ihnen schwebe als Alternative zur parlamentarischen Demokratie eine „Briefmarken-Demokratie“ vor. So auch die Überschrift des Kommentars. Schon dies könnte man eine ehrverletzende Diffamierung Andersdenkender nennen.
Bis dahin behauptet dieser Kommentator, das Ansinnen – den Beschluss (im Sinne einer in der Stadt anders wahrgenommenen Mehrheit) zu ändern – sei „gefährlich. Weil diese Art der Argumentation die parlamentarische Demokratie … grundsätzlich in Frage stellt, gar auszuhöhlen droht.“
Das könnte man ja noch als eine recht sachliche Meinungsäußerung werten. Aber nun holt er die ganz große Keule heraus. Er schreibt über „Verfassungsfeinde … wie sie es in der Weimarer Republik taten“. So etwas nennt man ein demagogisches „Totschlags-Argument“. Denn dieser völlig undifferenzierte Vergleich zielt auf das damalige Ergebnis: Hitlers „Machtergreifung“ 1933. Selbstverständlich waren die Nazis die damaligen Verfassungsfeinde (die allerdings die Schwächen der Weimarer Verfassung mit der Notstandsgesetzgebung auszunutzen wussten). Die mit dieser Bemerkung sich automatisch einstellende Gedankenverbindung ist höchst bösartig und zielt auf die persönliche Ehre – wie in Absatz 2 von Art. 5 GG benannt.
Sehr geschickt fügt „unser“ Kommentator an die Adresse zweier Parlamentarierinnen den Grundsatz „Demokratie verlangt das Aushalten anderer Ansichten“ ein. OK – das trifft ja auch auf ihn zu!
Schließlich gibt es noch eine alte Volksweisheit: „Wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei anderen auf sich.“ Aber auch für einen Kommentator gilt das Recht auf Irrtum.

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