Ein Jahr Naturschutz in Edertal

Die Eder bei Anraff weist nach der Renaturierung Totholz und Artenvielfalt auf. Foto: Stefan Vogt

Sehr geehrte Leser! Die Redaktion freut sich selbstverständlich über zugesandte Beiträge von Vereinen und Verbänden. Denn vielfach leisten sie großartige Arbeit, von der nicht immer genug Menschen etwas erfahren. In diesem Fall erreichte uns der imponierende Jahresbericht vom NABU Edertal über das abgelaufene Jahr, den Vorsitzender Markus Jungermann in der Jahreshauptversammlung am 10. November vortrug. Es lohnt sich ihn zu lesen. Das Foto von Hermann Sonderhüsken weiter unten zeigt den Vorstand (von links nach rechts): Erika Höhle aus Mehlen, aus Wellen Franz-Josef Göllner und Reiner Lutsch, Markus Jungermann aus Bringhausen sowie Wolfgang Lübcke aus Giflitz.

„Im Mittelpunkt der Jahreshauptversammlung am 18.11. 2016 stand ein Vortrag des Naturfotografen Manfred Delpho „Naturwunder Alaska“. Als Nachfolger von Wolfgang Lübcke wurde Markus Jungermann zum Vorsitzenden gewählt. Zusammen mit Franz-Josef Göllner ist er nun stellvertretender Vorsitzender.

Raus in die Natur! Naturerleben hatte in unserem Veranstaltungsprogramm für das Jahr 2017 wieder einen großen Stellenwert. Gemeinsam mit dem NABU Bad Wildungen fanden sechs Veranstaltungen statt. Wegen der schlechten Obsternte musste leider der traditionelle Bringhäuser Apfeltag ausfallen. Für die Veranstaltungen haben wir wieder durch ein Faltblatt mit dem Jahresprogramm geworben.

Monatlich trifft sich die Naturschutzjugend (NAJU) Bad Wildungen/Edertal mit einem vielfältigen Angebot zum Erleben der Natur. Auch dazu wurde ein Faltblatt mit dem Jahresprogramm erstellt. Für die Organisation der NAJU-Veranstaltungen danken wir der Bad Wildunger NABU-Vorsitzenden Michèle Protto. Eine stärkere Nutzung durch Kinder aus Edertal wäre wünschenswert.

Lebensräume bewahren und gestalten! Auch im Berichtsjahr galt unsere besondere Aufmerksamkeit der Biotop-Pflege und der Verbesserung von Lebensräumen. Herausragendes Thema ist nach wie vor die Renaturierung der Eder. Nachdem Maßnahmen im Bereich von Edertal und Fritzlar durchgeführt wurden, folgte in diesem Jahr die Eder bei Mandern, so dass ein hervorragender Biotopverbund entsteht. Von den Maßnahmen der Stadt Bad Wildungen profitiert Edertal auch direkt, denn ein großer Teil des bei Mandern anfallenden Kieses wurde zwischen Affoldern und Giflitz in die Eder eingebracht. Das ist gut, weil die untere Eder seit der Errichtung der Edertalsperre kein Geschiebe mehr erhält. So nennen die Fachleute den Kies, der von einem lebendigen Fluss transportiert wird. Das Geschiebe ist insbesondere aus fischereibiologischer Sicht wichtig. Zudem führt fehlendes Geschiebe zur Eintiefung des Flusses und zu einer Grundwasserabsenkung. Wir danken dem Regierungspräsidium und dem Eder-Fischerei-Club für die gute Zusammenarbeit.

Das hessische Umweltministerium hat eine Broschüre zum Gewässerschutz herausgebracht. Sie enthält auch einen Beitrag von Wolfgang Lübcke zur Eder-Renaturierung. Der Jahresband 2017 der Vogelkundlichen Hefte Edertal bietet einen 30-seitigen Aufsatz von Werner Haaß, Wolfgang Lübcke und Stefan Vogt mit dem Titel „Die Renaturierung der unteren Eder – Chancen für die Tierwelt“. Dargestellt werden die Auswirkungen der Renaturierung auf die Fisch- und Vogelfauna und es werden Perspektiven für Biber und Fischotter aufgezeigt.

Ein herausragendes Ereignis ist der Ankauf der Mineralquellen von Kleinern mit fast sechs Hektar Feuchtwiesen durch die NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe. Der NABU Edertal hat neben vielen anderen Spendern diese Maßnahme durch einen Betrag von 1000 Euro unterstützt. Die Stiftung betreut hessenweit in über hundert Projektgebieten rund 1000 Hektar. In Waldeck-Frankenberg gehört dazu auch die Ederaue von Rennertehausen.

Nach wie vor bilden Streuobstwiesen einen Arbeitsschwerpunkt des NABU Edertal. Wir betreuen rund 1,3 Hektar eigene Flächen und etwa zwei Hektar Pachtflächen. Hinzu kommen mehrere Obstbaumreihen entlang von Grundstücken. Nach und nach wird die Obstbaum-Arche am Sengelsberg bei Böhne ausgebaut. Inzwischen stehen dort 26 Obstbäume alter Sorten, von denen 18 gespendet wurden. Die Namen der Spender und die Sorten sind auf Holzschildern zu lesen. Im Frühjahr soll an der Obstbaum-Arche ein Info-Schild angebracht werden, das auf die Bedeutung von Streuobstwiesen hinweist.

Auf dem Hintergrund des dramatischen Insektenschwunds bemühen wir uns um Blühflächen. Ein positives Beispiel boten zwei Flächen, die ein Landwirt aus Mehlen mit Unterstützung der Oberen Naturschutzbehörde angelegt hat. Insbesondere an den Sonnenblumen wurden in großer Zahl Finkenvögel und Meisen bei der Nahrungssuche beobachtet. Auch für das sehr selten gewordene Rebhuhn sind solche Flächen von Bedeutung. Es ist zu hoffen, dass in der Gemeinde Edertal angelegte Blühflächen zum Erfolg führen. Wie diese aussehen können, war in diesem Jahr an dem erhöhten Staudamm des Affolderner Sees oder am Kindergarten in Mehlen zu bewundern. Wir wünschen uns eine aus ökologischer Sicht bessere Pflege der Wegränder an den Feldwegen des Gemeindegebiets. Zu frühe und zu intensive Mahd trägt zum Artenschwund in der Offenlandschaft bei.

Mitglieder des NABU engagieren sich bei der Betreuung der sieben Edertaler Naturschutzgebiete in Zusammenarbeit mit der Oberen Naturschutzbehörde und dem Forstamt Vöhl. Der Beobachtungshütte am NSG „Schwimmkaute bei Mehlen“ hat der NABU Edertal im Rahmen einer kleinen Feier den Namen Wolfgang-Lübcke-Hütte“ gegeben. Außerdem wurden hier drei Schwarzpappeln angepflanzt, eine bundesweit gefährdete Art.

Artenvielfalt erhalten! Mit Sorge erfüllen uns die Pläne, im Langen Wald bei Naumburg bzw. Königshagen/Böhne Windräder zu errichten. Da diese quer zur Zugrichtung stehen würden, hätten sie massive negative Auswirkungen auf den am stärksten beflogenen Zugkorridor im Kreis Waldeck-Frankenberg. Wir forderten in einem Presseartikel, das Umfeld des Nationalparks von Windkraftanlagen frei zu halten. Wie das Landschaftsbild bei Königshagen aussehen würde, zeigt eine Bildmontage auf unserer Internetseite www.nabu-edertal.de.

Beim Artenschutz galt die Aufmerksamkeit in der Presse und in der Bevölkerung wieder in besonderem Maße den Edertaler Störchen. In diesem Jahr zog das Brutpaar drei Junge groß. Aus nicht geklärter Ursache starb eines davon. Nachdem 2009 zwei von vier Jungstörchen überfahren worden waren, stellten wir auch in diesem Jahr mehrere Hinweisschilder in der Giflitzer Bahnhofstraße auf, mit der Bitte, rücksichtsvoll zu fahren. Hermann Sonderhüsken dokumentierte erneut das Storchenjahr in Wort und Bild. Da die Storchenbroschüren vergriffen sind, haben wir über die Edertaler Störche ein Faltblatt herausgebracht. Erneuert wurde der NABU-Schaukasten am Storchenhorst. Die Waldecker Bank sponsert weiterhin den Storchenschutz.

Nach vierjährigen Bemühungen konnten wir endlich erreichen, dass an der Hochspannungsleitung bei Affoldern Vogelmarker angebracht wurden, um Todesfälle von Schwänen und anderen Wasservögeln zu vermeiden Die Installierung der 80 Elemente erfolgte in einer spektakulären Aktion durch eine Spezialfirma per Hubschrauber. Unser Dank gilt der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt und der Oberen Naturschutzbehörde für die Unterstützung unserer Initiative.

Leider hatten wir auch 2017 keine Wanderfalkenbrut in Edertal. Hingegen gab es in Königshagen und Anraff und Königshagen Schleiereulen-Bruten. Außer diesen beiden wurde aus dem Kreisgebiet nur noch eine weitere bekannt. Aus dem Gemeindegebiet sind drei Uhu-Brutplätze bekannt.

Auf NABU-Initiative wurden durch die Obere Naturschutzbehörde und das Forstamt Vöhl zwei Nistplattformen für Fischadler installiert, auf deren Annahme wir in den nächsten Jahren hoffen.

Der NABU Edertal gratulierte der Greifenwarte Edersee zu ihrem 20jährigen Jubiläum. Wir danken den Falknern für ihre hervorragende Öffentlichkeitsarbeit, die bei Jung und Alt das Verständnis für unsere Greifvögel fördert. Außerdem danken wir der Greifenwarte für die Pflege zahlloser verletzter Greifvögel und Eulen. Das ist eine großartige Leistung, welche die Greifenwarte ohne Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erbringt.

Nachdem der NABU Edertal bereits sieben Schwalbenfreundliche Häuser ausgezeichnet hatte, läuft diese Aktion nun bundesweit mit einer schönen Plakette und einer Urkunde. Wir zeichneten 2017 zwei weitere Wohnhäuser in Anraff und Mehlen aus. Vom NABU unterstützte Schwalbenhäuser für Mehlschwalben stehen in Affoldern, Anraff, Bergheim, Böhne, Hemfurth, Kleinern und Wellen. Alle sieben Schwalbenhäuser waren 2017 belegt. Besonders freut uns, dass das Schwalbenhaus in Wellen besiedelt wurde, nachdem wir es im vorigen Jahr an einen geeigneten Platz umgestellt hatten.

In der Gemeinde Edertal gibt es drei Amphibienzäune, die der NABU betreut: bei Anraff, Bringhausen und Gellershausen. In Anraff kümmert sich eine Gruppe von Frauen um die morgendlichen und abendlichen Kontrollen zur Zeit der Laichwanderungen. Wir sorgen für Reparaturen und haben den Zaun frei gemäht. Unserer Auffassung nach kann es nicht sein, dass solche Arbeiten im Straßenraum ehrenamtlich geleistet werden müssen. Sie sollten künftig wieder von Hessen Mobil übernommen werden, wie das früher der Fall war. Diesbezüglich haben wir uns auch an den NABU-Landesverband gewandt. In Bringhausen sorgt die Nationalparkverwaltung für die Unterhaltung des Zaunes.

Öffentlichkeitsarbeit und Mitgliederstand: Der NABU Edertal war auch 2017 oft in der Berichterstattung der Waldeckischen Landeszeitung vertreten. Die von Jürgen Wilden betreute Internetseite www.nabu-edertal.de vermittelt ein lebendiges Bild unserer Vereinsarbeit mit vielfältigen Informationsmöglichkeiten. Nach wie vor wird sie intensiv genutzt.

Der NABU Edertal hat zur Zeit 430 Mitglieder. Damit sind wir nach Korbach die zweitgrößte NABU-Gruppe im Kreis Waldeck-Frankenberg.“

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